ζ Der Katzenwunsch ζ
Die Kiste war groß und schwer. Sie war aus dunklem Walnussholz gefertigt. Auf dem Deckel war ein großer, stilisierter Baum eingeschnitzt. Vorsichtig hob Leyla den Deckel an und lehnte ihn an die Wand, vor der die Kiste stand, an. Sie blähte ihre Backen auf und pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht. Natürlich war die Schatulle, die sie suchte, ganz unten. Beinahe hätte sie sie gar nicht gesehen. Langsam begann das Mädchen kleine Beutel, Kisten und Behälter auszuräumen. Sorgsam stellte sie die Gegenstände neben sich ab, bis sie an die längliche Schatulle kam, ohne den Kisteninhalt in Unordnung zu bringen. Sie holte die Schatulle vorsichtig heraus und stand auf, um an ihren Schreibtisch zu treten. Dort stellte sie sie ab und kehrte zu der großen Kiste zurück. Sorgsam räumte sie ihre Sachen zurück. Natürlich hätte sie das einer der Angestellten überlassen können, doch wenn es um ihre kleinen Schätze ging, wollte sie es lieber selbst tun. Als sie nach einigen Minuten alles zurück geräumt hatte, schloss sie den Deckel wieder.
Zufrieden schritt sie zu ihrem Schreibtisch auf dem schon ein Kerzenständer mit mehreren Kerzen leuchtete und setzte sich auf den Stuhl. Neben der Schatulle lag schon ein Stapel Pergament bereit. Sie nahm sich eines der Blätter heran und öffnete nun ihre Schatulle. Darin befanden sich mehrere Pinsel, Federn und kleine Tintengläschen, ebenso wie ein sorgsam gearbeiteter Silberstift. Letzteren nahm sie nun zur Hand und begann mit diesem vorsichtig zu skizzieren. Leylas Strichführung war elegant und fein. Bald schon erkannte man eine eher kindliche Darstellung von Tsatsuka, Leyla selbst und einer wuscheligen Katze. Leyla legte den Silberstift zur Seite und nahm das Pergament, um es gegen das Kerzenlicht zu halten. Sie legte den Kopf schief und biss sich auf die Lippen. Ganz zufrieden war sie mit ihrem Bild noch nicht. So nahm sie das Pergament wieder herab und fügte noch einige Details hinzu, ein paar andere Linien wurden ausgebessert. Es dauerte noch einige Minuten, bis sie zufrieden war. Leyla konnte sehr ehrgeizig sein, wenn es darum ging, etwas zu bekommen. Allerdings war das Mädchen grundsätzlich nicht faul, sondern eher neugierig und lernbegierig. Sie hob kurz ihren Kopf und blickte zu dem Buch, dass ihr Privatlehrer zum Lesen aufgetragen hatte. Natürlich hatte sie schon drei Kapitel weiter als nötig gelesen.
Sie blickte wieder auf ihr Pergament und überlegte einen Augenblick. Als ihr klar wurde, welche Farben sie verwenden wollte, griff sie wieder zu ihrer Schatulle und holte die farbige Tusche heraus und öffnete die Verschlüsse. Es war einige Zeit her, als sie das letzte Mal wirklich gezeichnet hatte. Viele Monate waren vergangen, sie hatte noch in Heidel bei ihrem Vater gewohnt. Sie hatte versucht, ihre Mutter zu zeichnen, doch als sie sich nicht an alle Details von Xellesas Kleidung und Gesicht erinnern konnte, hatte sie das Pergament frustriert zerknüllt und an die Wand geschmissen. Das Mädchen schniefte bei der Erinnerung leise. Wo sie wohl gerade sein mochte? Die letzten Wochen waren aufregend und spannend gewesen, hatten also für genügend Ablenkung gesorgt. Leyla schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf ihr Bild. Vorsichtig begann sie es mit einem der feineren Pinsel auszumalen. Farbe für Farbe trug sie sorgsam auf. Die Feinheiten von Schattierung und Lichtverhältnisse hatte sie noch nicht verinnerlicht, deshalb konzentrierte sie sich auf die Hauptfarben und lies diese Feinheiten weg. Es ging darum, was das Bild aussagen sollte, nicht um Schattierungen.
Es war schon fast Zeit für das Abendessen als Leyla den Pinsel gesäubert zur Seite legte. Sie gähnte herzhaft, das Zeichnen hatte sie ziemlich angestrengt. Sie säuberte ihre Pinsel und räumte diese, die Tintengläschen und alles andere, dass in die Schatulle gehörte, ordentlich in diese. Das Bild musste nun ohnehin erst einmal trocknen. Sie kletterte vom Stuhl hinab und begab sich zum Abendessen. Dort hatte sie recht zugeschlagen, das Zeichnen hatte wohl nicht nur müde, sondern auch hungrig gemacht. Als sie in ihr Zimmer zurück kehrte, blieb nicht mehr viel zu tun: Sie rollte das Bild sorgsam zusammen und band ein goldenes Band herum. Zufrieden legte sie das nun zusammengerollte Bild ab. Sie würde es ihrer Tante am nächsten Morgen, sobald diese Zeit und Ruhe hatte, übergeben. Die kleine Lady machte sich darauf hin bettfertig und war innerhalb kürzester Zeit eingeschlafen.
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Mendred: "... aber mit dem Schwert geht's schneller."
Mendred: "... aber mit dem Schwert geht's schneller."