Allein
Orientierungslos irrte sie durch die Gassen der großen, lauten Stadt. Fröstelnd zog sie ihrem Umhang enger um sich, der Wind blies Rana eisige Luft ins Gesicht. Selbst der Wind schien sich gegen sie verschworen zu haben. Mittlerweile hatte sich die Sonne schon fast unter den Horizont gesenkt, die Menschen wirkten, als befänden sie sich auf dem Weg in ihre warmen Heime. Erste Laternen wurden vor den Gebäuden und an prominenten Plätzen entzündet, mancherorts sogar kleine Feuerschalen.
In den letzten Stunden hatte sie alle Gassen und Straßen, die sie mit Xellesa benutzt hatten, abgesucht, selbst an den Ort mit dem Haus des Todes hatte sie sich heran gewagt, wenn auch nicht in die Nähe und nicht für lange. An diesem Ort stimmte etwas ganz und gar nicht und sie fragte sich, ob das mit der Aussage des verstümmelten Mannes zu tun haben mochte. Er hatte sie vor Xellesa gewarnt, schlimme Dinge erwähnt und selbst Nhouria hatte Rana gebeten, nicht alleine bei Xellesa zu bleiben. Was hatte sie gespürt oder gesehen? Rana hatte das Gefühl, dass ihr zum großen Ganzen viel zu viele Puzzleteile fehlten. In der Nähe des Gebäudes fühlte sie sich unwohl, als würde sie irgend etwas beobachten, gar bedrohen.
Mittlerweile hatte das Mädchen einen größeren Platz erreicht. Die Gebäude wirkten gepflegt und sauber, an manchen Stellen standen sogar Wachen, auch wenn diese entweder gelangweilt oder frierend wirkten. Wieder hatte sie das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte, so als würde etwas in den Schatten verschwinden, wenn sie sich umsah. Unschlüssig blieb sie stehen. Es war schon ziemlich dunkel, ihre Suche bisher erfolglos. Niemand hatte Xellesa gesehen, viele der Stadtmenschen schienen das Mädchen nicht einmal zu beachten. Sie fühlte sich verloren und einsam. Sie hatte Xellesa versprochen, sie nicht alleine zu lassen und doch waren sie schon am ersten Tag in Calpheon getrennt worden. Alierana fragte sich, ob Xellesa entkommen konnte, oder ob man sie irgendwo hin verschleppt hatte. Sie erinnerte sich an das Kopfgeld, eins der weiteren Rätsel das zumindest für Rana noch nicht vollständig gelöst war.
Langsam lenkte sie ihre Schritte in Richtung der Herberge. Zwei Mal musste sie umdrehen, da sie in eine falsche Straße abgebogen war. Vielleicht war Xellesa dort, denn sie hatten gemeinsam nach einer Herberge gesucht. Vielleicht hatte sie sich dort hin durchgeschlagen, auch wenn sie nicht das Gefühl hatte, dort auf sie zu treffen. Aber was konnte sie im Moment schon tun? Am Haus des Todes hatte sie Xellesa nicht entdeckt und um diese Uhrzeit noch jemanden zu finden, der ihr Fragen zu Haus Ceos beantworten konnte. Rana würde auf den nächsten Tag warten müssen. Hawkeye senkte sich über die Dächer in einem Gleitflug zu Alierana hin hinab und landete auf ihrer Schulter. Das Mädchen strich dem Adler sanft über das Gefieder. Kurz darauf erreichte sie endlich die Herberge und nahm sich ein Zimmer. Sie hatte sich an der Rezeption nach Xellesa erkundigt, doch auch hier hatte niemand die Frau gesehen. Niedergeschlagen hatte sie sich auf das Bett gesetzt und durch das von Frost beschlagene Fenster nach draußen geblickt.
"Morgen werde ich mich auf die Suche nach Ceos machen," murmelte sie entschlossen und legte sich hin. Sie rollte sich in die Decke ein, und blickte weiterhin zum Fenster. Der Schlaf wollte sie nicht finden, bis die Erschöpfung die Oberhand gewann. Sie bemerkte den Schatten, der kurz vor dem Fenster erschien, nicht mehr, denn sie war in einen unruhigen Schlaf gefallen.
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Mendred: "... aber mit dem Schwert geht's schneller."
Mendred: "... aber mit dem Schwert geht's schneller."