Interlude Valencia Ostbasar

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    • Interlude Valencia Ostbasar

      Der Hofschreiber saß in seinem Arbeitszimmer und war in einen der zahllosen Berichte vertieft, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen. Von Zeit zu Zeit kratze seine Feder über das Pergament.
      Ohne Klopfen oder Ankündigung flogt die Tür auf, und das exakte Spiegelbild des Schreibers stürmte wie selbstverständlich in den Raum.
      "Du weisst über diese Briefgeschichte bescheid!" in der Stimme klang Wut mit. Nihep baute sich vor dem Tisch auf, die Hände mit weiss verkrampften Knöcheln um die Stuhllehne des Besucherstuhls gekrallt.
      "In der Tat." ohne aufzublicken, und offenbar wenig überrascht über das plötzliche Auftauchen stricht Nahotep die Feder sauber und legte sie langsam auf das Pergament.
      "Was weisst du?" Ungeduld glomm in Niheps Augen.
      "Alles." war die ruhige Antwort, und Nahotep richtete den Blick auf sein Gegenüber. Er stellte die Ellenbogen auf den Schreibtisch und faltete die Hände vor dem Mund.
      "Setz dich." mit einer Hand wies er auf den Stuhl am anderen Ende des Tisches, an dem Nihep sich festgekrallt hatte. "Dann fahre fort."
      Mit zusammengepressten Lippen warf sich Nihep auf den angebotenen Platz. "Hör mit den Spielchen auf! Ich habe dafür keine Zeit! Ich.."
      "Du" unterbracht ihn der Hofschreiber "weisst, dass du ohne eine Gegenleistung keine Antworten von mir bekommen wirst." Als Nihep zur einer gereitzen Antwort ansetzen wollte, hob Nahotep die Hand.
      "Also werden wir die ganze Geschichte gemeinsam erörtern. Die Zeit wirst du noch haben." fuhr er ungerührt fort "Lege die Fakten dar, die dir mit Sicherheit bekannt sind."
      Mit einem ungeduldigen Brummen begann Nihep aufzuzählen "Seid einigen Tagen werde ich auf den Dächern verfolgt, und wenig später häufen sich Briefe im Anwesen an, oder werden zugesteckt. Alles nach der Hochzeit."
      "Also hat es was mit dem zu tun, was auf dem Fest geschehen ist?"
      "Unwahrscheinlich! Es wäre zu erwarten gewesen, dass danach genau das Gegenteil geschehen würde. Die Besucher haben Thyri dort als Menschen kennengelernt."
      Nahotep nickte. "Fahre fort."
      "Es....es trat so plötzlich auf." eine Pause trat ein. "Also ein in Umlauf gebraches Gerücht!"
      Nahotep blickte sein Gegenüber lediglich emotionslos an.
      Nihep fuhr fort: "Also hat irgend ein Wirtbold herumerzählt das Thyri Wünsche erfüllt, die auf Briefen stehen?"
      "Ist das wahrscheinlich?" harkte Nahotep ein. "Was sollte dieser Jemand denn für einen Grund dafür haben? Oder was hätte er mit solch einem Gerücht zu gewinnen?"
      "WER? Sag mir wo ich diesen Hoshtek finde!" Nihep sprang auf, und schlug mit den flachen Handen auf die Tischplatte.
      Nahotep schüttelte lediglich den Kopf. "Durhas Nihep. Bleibe ruhig. Bleibe konzentriert."
      "Oh nein! Nicht du auch noch! Nicht nochjemand der glaub mir sagen zu müssen was ich zu tun, oder wie ich mich zu verhalten habe!"
      Flammende Augen bohrten sich mit sengendem Blick in kühle Augen aus Eis.
      Doch das Eis war alt und dick. Und nicht sie waren es die schmolzen, und das Feuer wurde zurückgedränkt.
      Mit knirschenden Zähnen wandte sich Nihep der Tür zu, die Fäuste geballt.
      "Nihep." aus dem Mund des Hofschreibers erklang die Stimmes eines vierzehn Jahre alten Mädchens. "Sieh eine Sternschnuppe. Ich wünsche mir, dass du so bleibst wie du bist. Willst du das für mich tun?"
      Niheps Finger lösten sich, doch blickte er sich nicht um. "Ich finde diesen Jemand. Auch ohne deine Hilfe. Und wenn ich ihn finde dann schw.."
      "Nihep!" unterbrach die Stimme des Hofschreibers ihn. "Es ist leicht jemandem einen Rat zu geben, aber oftmals schwerer ihn selbst zu befolgen. Hattest du nicht einmal selbst gesagt, dass man erst ein Urteil sprechen sollte, wenn man alle Fakten kennt? Kennst du sie? Willst du aufgrund von unwiederlegbaren Fakten einen Schwur ablegen?"
      Niheps Faust schlug krachend auf den Türrahmen. "Dies ist meine Stadt! Niemand tanzt mir hier auf diese Weise auf der Nase herum! NIEMAND!"
      "Deine Stadt? Ist sie das schon? Und das wo du doch nichteinmal das dir zustehende Haus übernehmen willst?"
      Die Tür schlug hinter Nihep zu.



      Gegen frühen Vormittag herrschte auf dem Ostbasar noch reges Treiben. Die letzten Erwerbungen wurden vor der Mittagssonne abgeschlossen, als eine vermummte Gestalt auf das Dach eines zentralen Standes kletterte.
      Der Besitzer des Unterstands setzte bereits eine wütende Zurechtweisung an, als die Gestalt ruhig das Kopftuch, sowie den Mundschutz abnahm und die Arme ausbreitete.
      "Brüder und Schwestern, bitte leiht mir für eine Weile euer Ohr!" Laut hallte die Stimme über den Platz, und es lag Strenge und Authorität darin, die sämtliche Augenpaare zu der Gestalt wandern liess.
      Ein leises Raunen setze ein, und vereinzelnt höre man Stimmen die vom Lagram ash il garu, Nihep oder dem Hofschreiber murmelten.
      "Seit einigen Tagen" schallte die Stimme vom Dach des Standes "gehen in dieser Stadt merkwürdige Dinge vor sich. Briefe mit Wünschen werden verteilt, die Dächer dieser Stadt wurden besetzt. Eine Situation, die nun bereits die Muremo zu beschäftigen weiss.
      Offenbar gibt es hier Einige unter euch, die dem Glauben verfallen sind, der Marid nesham ´ach shakaru habe eine Vorliebe dafür Wünsche zu erfüllen, die per Briefe überbracht werden!
      Ich sehe hier einige die nicken, und viele die den Kopf schütteln.
      Vor einigen Wochen " die Stimme der Gestallt schwoll an, und hallte leicht zwischen den Häuserfronten nach "besuchte die Marid nesham ´ach shakaru zum ersten Mal Valencia. Und was sie sah erfreute sie zutiefst.
      *Doch du siehst nur den Glanz und den Reichtum unserer Stadt* sprach ich zu ihr. *Die Seele Valencias bleibt dir verborgen*
      Und sie erwiederte *Aber dann zeige sie mir. Denn ich will die Stadt als Ganzes erfahren!*
      Und so führte ich sie zum Urnenwall. Zeigte ihr die Menschen, und die Tränen, das Lachen und das Herz.
      Sie sah mich an, und Mitgefühl füllte ihre Augen und ihr Herz.
      *Nihep, wäre es den Leuten recht, wenn ich ihnen Wasser bringe?*
      So führe ich sie zu einem nahen Brunnen. Und vorsichtig näherte sie sich. Denn wisset, sie kam zu uns aus dem fernen Westen, wo die Magie gefürchtet und verhasst ist. Mit Angst in ihrem Herzen nährerte sie sich dem Brunnen, denn sie wollte ihn für die Menschen reinigen.
      *Fürchte dich nicht* sprach ich zu ihr. *Die Menschen hier werden dich nicht für deine Kräfte verurteilen, so du ihnen keine Grund dafür gibst.*
      Sie lächelte und wirkte ihren Zauber. Und es wart, dass der Brunnen für lange Zeit rein und klar sprudelte. Die Umstehenden sahen ihr Wirken und Freude lag in ihren Augen! Und so forderten sie sie auf ihr mehr zu zeigen. von der Freude beflügelt wirkte sie Schaubilder, die für lange Zeit nicht vergessen werden.
      So wurde sie von euch fortan Marid nesham ´ach shakaru geheissen.
      Und zum Dank brachte sie euch jeden Tag Wasser, lieh euch ihr Ohr, lieh euch ihren Rat und ihre Hilfe."
      Eine Pause setzte ein, und der Blick der Gestalt wanderte über die Menge.
      "Doch nun muss ich mich fragen" fuhr sie mit scharfer strenger Stimme fort "Was ist in euch gefahren? Nicht nur das ihr ohne Gegenleistung fordert, was euch bisweilen aus freien Stücken gegeben wurde, NEIN!
      Einige von euch verstossen willentlich gegen Aalhs Gesetze, in der Hoffnung, das eine großherzige Frau ihnen hilft ihre persönlichen Sorgen abzunehmen!
      Ihr teilt nicht, ihr fordert!
      Ihr seid nicht bescheiden, ihr hofft nicht auf Aalhs Wirken, sondern fordert sie auf euch eure Sorgen abzunehmen!"
      "Er ist doch blos neidisch!" rief eine Stimme aus der Menge. "Er will ihre Wünsche nicht mit uns teilen!"
      Die Blicke der Menschen wanderten geschlossen zu dem Zwischenrufer, einem Händler in edlen Gewändern.
      "Neid?" die Stimme der Gestalt auf dem Dach schlug zu wie ein Peitschenknall "Du wagst es mir Neid vorzuwerfen? Dann sage mir, oder irgendjemand anderes, Wieviele eurer Wünsche, die ihr auf die Briefe geschrieben habt wurden bereits erfüllt?"
      Der Händler schwieg.
      "Das dachte ich mir! Und wenn mir derweil tatsächlich all meine Wünsche erfüllt werden würden, was hielte mich nun davon ab, dich in einen Haufen Sand zu verwandeln?"
      Eine andere Stimme meldetet sich hinter dem Händler leise zu Wort, doch in der eintretenden Stille war sie gut zu hören.
      "Er lügt!" und ein Finger in der Menge deutete auf die Gestalt auf dem Stand. "Mein Wunsch wurde mir erfüllt!" Und mit einem Raunen drehten sich die immer weiter anschwellende Menge zu dem neuen Sprecher.
      "Ich habe mir gewünscht, dass meine Alpträume aufhören, und seit dem habe ich keinen einzigen mehr gehabt! So wahr ich hier stehe!"
      "Mein Wunsch wurde mir auch erfüllt! Seht, vor einigen Tagen habe ich mir bei der Feldarbeit mein Bein schwer verletzt, und doch kann ich bereits wieder gehen!"
      Die Gestalt auf dem Stand schloss die Augen, und seine Fäuste ballten sich.
      "Seid ihr von Sinnen?" schrie er. "Ihr nennt mich einen Lügner? Wer von euch beiden vermag mir den Beweis zu liefern, dass dies das Wirken des Marid nesham ´ach shakaru ist? Stellt ihr sie ernsthaft bereits über das Wirken Aalhs?" seine Stimme schwoll an wie aufziehender Donner, und seine Augen glommen vor Wut.
      "Aber ich habe es gesehen!" rief eine dritte Stimme. "Ich habe gesehen, wie jemand, dem der Marid Zaubermacht verliehen hat vor meinen Augen Magie wirkte! Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen!"
      "Was hast du gesehen?" die Stimme war leise geworden, lauernd. "Berichte uns, was genau du gesehen hast."
      "Ich habe es gesehen! Eine Frau kam zu mir an den Stand, und sie zeigte mir die Macht, die der Marid ihr verliehen hat! Sie formte Wasser aus dem Nichts! Und es war kühl und wohlschmeckend!"
      "Ja! Er sagt die Wahrheit!" meldet sich eine weitere Stimme zu Wort "Mir ist etwas ganz Ähnliches wiederfahren!"
      "Mir ebenfalls! Eine Frau hat mir ebenfalls gezeigt wie mächtig die Kräfte des Marid sind!"
      "Und diese Frau..." die Stimme war leise, doch brannte sie vor kochender Wut "Diese Frau riet euch dazu eure Wünsche auf Briefe zu schreiben, und sie der Marid zuzustecken?"
      Einige Köpfe nickten.
      "Und niemand von euch ist auf die Idee gekommen den Marid anzusprechen? Niemand von euch ist auf die Idee gekommen, dass man euch zum Narren gehalten hat? WIRKLICH NIEMAND?" die Stimme wurde noch lauter.
      "Aufgrund eines Zaubertricks stellt ihr einen gutherzigen Menschen über Aalh? Aufgrund eines Zaubertricks verratet ihr Aalhs Gesetzte? IST DAS EUER ERNST?"
      Mit flammenden Augen starrte er die Fäuste geballt auf die Menge unter sich.
      "Blickt in euer Herz und sagt mir, dass all das hier mit eurem Gewissen im Einklang steht! Seht mir in die Augen, und sagt mir, dass ihr mit eurer Leichgläubigkeit, eurer Gier nicht jene verraten habt, die euch aus freien Stücken gegeben hat!
      Ich schäme mich! Ich schäme mich euch Brüder und Schwestern nennen zu müssten!
      Ihr könnt all dies fortsetzen. Gebt dem Muremo einen Grund ihre Untersuchungen fortzuführen. Gebt Aalh einen Grund auf euch herabzublicken und ein Urteil zu fällen.
      Oder ihr kommt zu Verstand!
      Und wenn ihr diese Frau seht, dann reis..."
      Die Stimme brach ab, und man konnte zusehen wie die Schultern der Gestalt langsam sanken, und der Kopf sich senkte und die Glut in seinen Augen abkühlte. Mit leiser beinahe müder Stimme fuhr er fort.
      "Dann vergebt ihr...."
      Und ehe sich eine weitere Stimme erhob, sprang die Gestalt von dem Stand und war verwunden.

      Auf einem Wendelgang im Iasanwesen blickte derweil das Spiegelbild der Gestalt aus einem der Fenster. Er war zu weit entfernt, um das Treiben auf dem Basar hören oder sehen zu können, doch lag sein Blick exakt auf diesem Punkt.
      Er legte die Hände auf dem Rücken zusammen, und sein Kinn hob sich wenige Millimeter, eher er sich umdrehte und dem Gang weiter folgte.