Durhas Ini Ta

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    • Der erste unumstößliche Eindruck der sagt, zuhause angekommen ist häufig ein bestimmter Geruch. Etwas Vertrautes, etwas Angenehmes, etwas das willkommen heißt.
      Der Geruch tausender ungewaschener Leiber von dutzenden Spezies, die in der Sonne schwitzen, die beissende Note vom jeglichen anderen Ausscheidungen, der feine herumgewirbelte Staub, und ein Hauch von hunderten Gewürzen, Backwaren, Fisch, Seetang, Blut, Angst und Lebensfreude.
      Als die geballte Wucht all dessen seine Nase umgarnte nachdem Fennek den Laden der Madame Yiji verließ, ließ dies seine Schritte federn, und sein immer währendes Lächeln wurde noch eine Spur wärmer.
      Er schlenderte über den Markt, an bekannten und neuen Ständen vorbei. Nichts und alles schien sich verändert zu haben. So wie jeden Tag.
      Als er an der Auslage frischer Früchte des Trolls Mraca vorbei ging, lächelte er ihm freundlich zu. Er war sich sicher, dass der Troll die vor Jahren ausgestoßene Drohung längst vergessen hatte, ihm die Arme auszureißen, sollte er ihn je wieder dabei erwischen etwas von seinem Stand zu stehlen.
      Fennek hatte es nicht vergessen.
      Er biss herzhaft in den Pfirsich, der sich plötzlich in seiner Hand befand, und hob diese grüßend, als der stumme Fischer ihn mit seinen niemals blinzenden Augen anstarre.
      Fennek war sich sicher, er hatte ihn nicht vergessen. Allerdings war dies reine Spekulation. Niemand wurde aus diesen stetig finster starrenden toten Fischaugen schlau. Dahinter konnte sich alles verbergen.
      Ein Zupfen an seinem Hosenbein ließ ihn stehen bleiben.
      Spreu, ein kleines vierjähriges Mädchen blickte freudestrahlend zu ihm hoch, die Finger noch immer in sein Hosenbein krallend.
      Fennek! Da bift du ja wieder!“ sie lispelte, offenbar hatte sie in seiner Abwesenheit ihren linken Schneidezahn verloren. Und offenbar war sie recht stolz darauf, denn sie zeigte das lückenhafte Grinsen ohne Scheu.
      „Hey Spreu. Na? Hast du dich geschlagen?“
      „Neee! Ich werde jetzt erwachsen!“
      „Oha! Und wofür soll das gut sein?“
      „Na für...für...hä?“
      Er lachte als er ihr verwirrtes Gesicht sah und reichte ihr den Pfirsich. „Hier, für dich. Ist hier irgendetwas passiert, von dem ich wissen sollte?“
      „Neee.“ Spreu grabschte die Frucht aus seiner Hand und biss herzhaft hinein. „Aba du folft fofort fu Heufrecke kommen. Er ift in der Feekuh glaub ich.“ Sie kratzte sich mit der freien Hand an der Nase und strich sich durch die verfilzten Haare.
      „Hervorragend! Kommst du mit? Ich geh sofort hin.“
      „Neee! Ich muf noch drei Neuigkeiten herauffinden, fonft kiech ich heute abend doch nix zu essen!“
      Er lächelte. „Noch zwei Neuigkeiten.“ Er hob den Zeigefinger. „Ich bin wieder in Altinova.“
      Spreu blickte ihn erst verwirrt an, dann strahlte sie verstehend“ Ftimmt!“
      Fennek fuhr ihr sacht mit den Fingern durch die Haare und marschierte Richtung Hafen.
      Ein leises Knacken von Fruchtfleisch war hinter ihm zu hören.
      „FEIFFE!“ fluchte das Mädchen ärgerlich.
      Als er sich umdrehte hatte sie den zweiten Schneidezahn in ihren kleinen Fingern.
      Ein schallendes Lachen hallte zur Antwort über den Markt.

      Die Seekuh war eine Hafenspelunke. Jedes Klischee erfüllend, roch es hier fast so sehr nach Zuhause wie auf dem Markt. Um diese Zeit war die Gaststätte bis auf einige unter, und auf den Tischen schlafende Seemänner, Fischer und einer Gruppe Jugendlicher leer. Speer, Mona, der Daumen und Heuschrecke lümmelten mit überschlagenen Beinen auf einigen Kisten und Fässern in einer abgelegenen Ecke.
      Mona erblickte Fennek als Erste.
      „Ja leck mich am Arsch! Fennek! Du lebst ja doch noch!“ Sie sprang auf und lief ihm grinsend entgegen.
      Als er sie Freude strahlend mit ausgebreiteten Armen empfangen wollte, holte sie aus.
      Lachend wich er ihrer Faust im letzten Moment aus, und trieb ihr das Knie in den Magen.
      Speer begannt schallend zu lachen, als sie würgend vor Fennek mit den Knien auf den dreckigen Dielen aufschlug und nach Luft schnappte.
      „Hey da!“ wandte sich Fennek gut gelaunt an den Rest, als er ungerührt an ihr vorbeischritt. „Ihr habt mich vermisst nicht wahr?“
      „Und wie!“ ereiferte sich der Daumen. „Hieß du wärst im Hafenbecken ersoffen.“
      „Ja.“ knurrte Heuschrecke. „Scheiße, hast uns nen gehörigen Schrecken eingejagt, als du so plötzlich weg warst.“
      Fennek verschränkte die Arme und runzelte die Stirn. „Ach? Ich war plötzlich weg? Wenn ich mich recht erinnere habe ich Sperling und Fizz bescheit gegeben. Ist das nicht bis zu euch durchgedrungen?“
      „Ne.“ keuchte Mona, und zog sich langsam an einer Tischkante wieder auf die Beine.
      „Aber es ist trotzdem schön dich wiederzusehen. Tu das nie wieder klar?“
      „Was genau meinst du denn jetzt“ Fennek blickte sich belustigt glucksend zu ihr um.
      Sie hob ihren Mittelfinger. „Fick dich Arschloch!“
      Speer beugte sich zu Fennek und flüsterte ihm, von allen anderen deutlich hörbar ins Ohr. „Sie wollte sagen, fick mich.“ Er lehte sich wieder zurück und nickte um seine Worte zu bekräftigen.
      Monas Blick traf ihn, und ließ ihn zwei Schritte zurückstolpern.
      „Fall tot um du Arschkriecher!“
      „He Leute, haltet mal kurz die Schnautze.“ Heuschrecke blickte zu Fennek. „Uharu hat durchsickern lassen, solltest du entgegen den Gerüchten wieder hier auftauchen, sollen wir dich zu ihm bringen.“
      „Uharu? Ah. Ich ahne worum es geht. Gibt es Schwierigkeiten mit der Propaganda für den Gladiator, oder hat der Schmied seine Rechnung immer noch nicht bezahlt?“ Fennek legte den Kopf schräg.
      „Na was weiß ich denn? Bin ich Bote? Nein? Also stell deine Frage gefälligst Uharu. Und tu es gleich, du weißt, wie ungern er wartet.“
      Fennek ließ einen Eckzahn aufblitzen. „Uuuuh. Jetzt bekomme ich aber Angst. Wo kann ich Uharu denn wohl finden?“
      „Speer bringt dich hin.“ Heuschrecke blickte zu Mona, und grinste wie ein Wiesel. „Und Mona wird sicher auch mitgehen wollen.“
      „Oh. Da fällt mir ein, ich sollte Ben noch die Kette geben!“ der Daumen schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. „Da der gerade bei Uharu sein sollte komme ich auch mit.“
      Heuschrecke verdrehte die Augen und seufzte genervt.
      „Gut. Gehen wir halt alle. Gehen wir jetzt!“

      Der Weg führte durch die schmalen, im immerwährenden Schatten liegenden Gassen des Armenviertels. Ihr gemeinsames Zentrum, wenn es um den Begriff eines wirklichen Zuhauses ging.
      „Und? Hat sich Exi von seinem Dünnschiss erholt?“ erkundigte sich Fennek.
      Mona lachte. „Oh, wie man es nimmt. Wenn er den Mund geschloßen hällt, dann ja.“
      „Wie ist ein solcher Vollidiot überhaupt ein Auge im Händlerviertel geworden?“ erkundigte sich Speer mit gerunzelter Stirn.“
      „Oh, Vertu dich nicht,“ Fennek lächelte wissend „das ist alles Tar...“
      Weiter kam er nicht. Ein beißender Schmerz fraß sich in seine Nieren. Er wirbelte herum, und sah, wie der Daumen langsam einen Dolch sinken ließ.
      Heuschrecke lächelte. „Du hättest tot bleiben sollen Fennek. Hätte sicher weniger weh getan.“
      Auch Mona grinste zufrieden. „Macht sich nicht gut, wenn plötzlich Tote in der Stadt herumlaufen oder? Untergräbt die Glaubwürdigkeit.“
      Fennek presste seine Hand auf den Einstich. Es blutete wie zu erwarten ziemlich stark. Leicht schwankend trat er zwei Schritte zurück.
      „Nana, wo willst du denn wohl hin hm?“ Daumen ging langsam auf ihn zu. „Wir sind doch noch gar nicht fertig!“

      Wenige Wochen waren vergangen seit er die Stadt verlassen hatte. Doch in einer Stadt wie Altinova füllten sich verlassene Posten so schnell wieder wie eine Pfütze am Kai bei starkem Seegang. Irgendjemand war nachgerück. Irgendjemand hatte ihn für tot erklärt. Irgendjemand hatte recht schnell deutlich gemacht, dass es ein Vorteil wäre, wenn er Fennek, sollte er wieder auftauchen schnell beseitigt.
      Scheiß Stadt.
      Speer kam in die Gasse gelaufen. „Verdammt! Die Jungs der Stahlhferse! Beeilt euch! Weg hier!“
      Mit wut verzerrtem Gesicht starrte Heuschrecke auf Fennek, der bereits auf den trockenen Lehmboden der Gasse gesunken war.
      „Lass mich das hier noch...“
      Doch der unverkennbare einzigartige Klang von einem dutzend schwerer Stiefel, die im absoluten Einklang auf dem Boden stapften, ließ ihn innehalten.
      Schweiß sammelte sich auf Heuschreckes Stirn, als der marschierende Klang nur noch wenige Meter von der Gasse entfernt sein konnte.
      „HILFE!“ stieß Fennek aus, und grinste Heuschrecke dabei gewinnend an. Die Welt drehte sich bereits sehr schnell um ihn und bekam einen weißen Schleier. Kein gutes Zeichen. So viel Blut....
      „Scheiße....weg hier!“
      Die Beine der vier waren alles, was die Gardisten noch am anderen Ende der Gasse zu sehen bekamen.
      „Halt!“ schrie jemand und hob die Hand. Wie ein Mann blieb die gesamte Gruppe stehen.
      Fennek musste trotz seine Situation schmunzeln. Solche Disziplin war in Altinova einzigartig. Stahlferses Männer. Eindeutig. Rechtschaffen, pflichtbewusst, hilfsbereit, gnadenlos.
      „Ich wurde angegriffen.“ seine Stimme klang bereits recht dünn und er wagte es nicht aufzustehen oder die Hand von der Wunde zu nehmen. Ihm war schwindelig und übel.
      „Ich brauche Hilfe, bringt mich....“
      „Du und du. Bringt ihn zu einem Heiler. Danach erstattet ihr dem Hauptmann Bericht. Der Rest, mir nach. Wer sie zu fassen bekommt, bekommt heute doppelten Sold.“
      Fennek strahlte innerlich. Sie würden sie nicht zu fassen bekommen, aber irgendjemand würde dafür leiden. So sehr leiden.... Er liebte diese Stadt, und die Stadt liebte ihn.
      „Truppführer!“ Einer der Wachleute zog ein Pergament hervor und entrollte es.
      „Seht mal. Das ist er!“
      Der Truppführer beugte sich über das Blatt und musterte es einen Moment.
      „Tatsächlich. Hm.... tot oder lebendig....nun gut.“
      Fenneks Grinsen blieb standhaft. Doch sein Auge zuckte kruz.
      Scheiß Stadt....

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    • Drax konnte es nicht leiden zu seinem Vorgesetzten gerufen zu werden. Dieses ständige stramm stehen, salutieren und genau auf seine Worte achten zu müssen war einfach zum kotzen.
      Wie um sich gegen all die Unannehmlichkeiten wappnen zu wollen, zog der Ork nocheinmal geräuschvoll die Nase hoch, ehe er die Tür zur Schreibstube öffnete.
      Er trat ein, schloß leise die Tür, näherte sich dem Schreibtisch bis auf einen Meter und nahm Haltung an. Warten. Das war wichtig.
      Der Mann auf der anderen Seite des Tisches, schrieb den Satz zuende, strich die Feder sauber, stellte diese in den Messinghalter und blickte dem Ork in die Augen.
      „Berichte.“
      Drax mußte sich räuspern. Er hasste sich dafür. So einen Mist machte man doch blos weil man nervös war. Und wieso war er nervös? Der Penner hatte ja noch nicht einmal eine Waffe in Griffweite.
      „Der bestellte Heiler sagt, der Junge sei über den Berg. Vor einer Weile ist er aufgewacht. Er verweigert jegliche Aussage, und erwidert jede Frage die man ihm stellt mit Unverschämtheiten.“
      „Gut.“ der Mann hinter dem Schreibtisch faltete die Finger ineinander.
      Diese leise Stimme ging Drax fast so sehr auf die Eier wie die Tatsache, dass der Kerl ständig so wirkte, als hätte man schon wieder etwas Falsches getan. Gut. Gut. Was gut? Was sollte er denn jetzt mit diesem „Gut“ anfangen? Sollte er fortfahren? Sollte er gehen? Sollte er warten?
      Drax entschied sich einfach nur mit den Zähnen zu knirschen. Leise.
      „Ist alles wie geplant vorbereitet?“
      „Ja sicher, aber wir...“
      „Dann beginne mit der Umsetzung.“
      „Ähm...“
      Die Brauen des Mannes zogen sich ein klein wenig zusammen.
      Drax mußte schlucken.
      „Werde ich!“
      Wie von selbst salutierte er, und sein Blick schnellte über den Kopf seines Gegenübers hinweg an die Wand.
      „Du bist ab sofort für den Erfolg dieser Angelegenheit verantwortlich. Sei dir über die Konsequenzen im Klaren. Die einen, wie die anderen.
      Fühlst du dich der Aufgabe gewachsen?“
      Der Ork biss sich auf die Innenseite der Wange. Ein Wort und er könnte den Mist hinter sich lassen.
      Ein Wort und seine Karriere wäre am Ende angelangt.
      Wäre das so schlimm? Es ging ihm doch gut.
      Wenn er das verbockte, wäre er geliefert.
      Andererseits, wenn er mit einem Erfolgsbericht zurückkehren würde.....
      „Ich werde alles in die Wege leiten!“
      Der Mann nickte knapp und griff nach seiner Feder.

      Fennek starrte gelangweilt unter die Decke. Schöne Decke. Für Altinova. Sauber, weiß, glatt verputzt. So wie das ganze Zimmer.
      Es war so entsetztlich langweilig.
      Aber da war nichts zu machen. Die Beine waren noch immer so weich wie Jarus Fleischbrei nach einem Regenguss. Jedes mal wenn er aufstand wurde ihm schwindelig, und ja, die Wunde tat wirklich weh.
      Er seufzte lautstark. Nicht die Wunde würde ihn umbringen, sondern dieses langweilige Zimmer!
      Die Tür öffnete sich und Khom trat ein. Eine junge Halbbestie. Er war ein ausgezeichneter Heiler und Trankmischer. Und wie es der Zufall wollte, kannten sie sich bereits seit sie Däumlinge waren.
      Fennek hätte beinahe lachen müssen, als die Gardisten ausgerechnet ihn herbestellt hatten, um sich um den Messerstich zu kümmern.
      „Hallo Fennek. Na? Was macht der Schwindel?“
      Khom trat an die Liege heran und stellte einen Obstkorb ab.
      „Ich schwindel nie... Khom Kumpel, du musst mich retten. Noch drei Stunden hier drin und du kannst mir eine Grube schaufeln.“
      „Red keinen Mist, hier ist es wenigstens sauber, niemand kommt an dich heran, um zuende zu bringen, was er begonnen hat und....“
      „...und wenn ich wieder auf den Beinen bin, ist da immer noch diese Steckbrief Geschichte. Konntest du herausfinden, wer diese Belohnung ausgesetzt hat?“
      „Nein. Offenbar wurden diese Gesuche nur an bestimmte Personen weitergegeben.“
      „Und weisst du was das hier jetzt werden soll?“
      „Jetzt leg dich erstmal wieder hin.“ Khom drückte Fennek wieder auf den Rücken.
      „Und nein, ich habe absolut keine Ahnung was deine Wohltäter hier vorhaben. Und nein, ich werde mich nicht danach erkundigen. Ich tue hier meine Arbeit, bekomme den Lohn, im übrigen eine wirklich anständige Menge Silber, und halte mich aus allem raus, was nach Ärger riecht.“
      Fennek blickte mit entsetzter Miene zu der Halbbestie auf.
      „Khom! Du lässt mich hier im Stich? Nach allem was wir zusammen durchgemacht haben?“
      Khom blickte mit erhobener Braue zu Fennek hinunter und grunste belustigt.
      „Und was soll das denn wohl alles sein?“
      „Na zum Beispiel...das... du weißt schon! Das kannst du doch nicht vergessen haben?!“
      „Und warum nicht? Hast du ja offenbar auch.“ Khom schmunzelte und beugte sich vor.
      „Hör zu, Tian wird sich ab sofort um diesen Teil der Kaserne kümmern. Er ist hier Kämmerer. Ich bin mir sicher, ihr werdet euch einig hm?“ er zwinkerte und richtete sich wieder auf.
      „Mistel? Ehrlich? Der Sausack hier? Scheiße er hat ja was aus sich gemacht!“
      „Ich lasse dir diese drei Tränke da. So wie ich sie aufgestellt habe je einen Schluck Morgens, Mittags und Abends. Eine Woche lang. Dann sollte die Wunde nicht mehr aufbrechen, und sich nicht entzünden. Es versteht sich von selbst, dass du dich schonen, und die ganze Angelegenheit hier ruhig angehen solltest.“ er seufzte „Aber das könnte ich auch Horks Papagei raten, und er würde es eher befolgen als du.“
      „Hey! Das... Khom, das Zimmer bringt mich um! Und dann wäre all deine Arbeit umsonst gewesen!“
      „Nö. Ich wurde bereits bezahlt.“ er lachte. „Mach also was du willst, mein Gewissen ist rein.“
      Die Halbbestie wandte sich wieder der Tür zu.
      „Danke. Hast was gut!“
      „Ja? Dann sieh zu, dass du lange genug am leben bleibst, dass ich auch etwas davon habe!“
      Er schloß die Tür hinter sich.

      „Hey Fennek. Fennek, wach auf!“
      Etwas rüttelte an seiner Schulter. Als er die Augen aufschlug und sich orientierte, stellte er fest, er war noch immer in diesem verdammten Zimmer. Es war dunkel geworden. Ein Gesicht war über ihm, doch in dem schlechten Licht konnte er nicht erkennen wer es war.
      „Mistel?“
      „Tian. Hier zumindestens. Los steht auf, wir müssen uns beeilen!“ Tian schob seinen Arm unter seine Schulter und zog ihn hoch.
      „Ho, langsam langsam! Ich bin schwer verletzt und tot krank! Ausserdem habe ich doch noch gar nicht meinem Gastgeber danken können. Und ein Hallo, lange nicht gesehen, wäre doch sicher auch nicht unangebracht oder?“
      „Alter, hör auf rumzubrabbeln, und komm in die Hufe, wir haben nur ein sehr schmales Zeitfenster. Fragen kann ich dir hinterher beantworten.“
      „Haben wir wenigstens Zeit, dass du mir sagst, wo es hingeht?“
      „Ich bring dich hier raus. Und dann direkt zu Uharu. Khoms Tränke habe ich eingepackt. Los jetzt.“
      „Uharu hm?“ Fennek stellte sich langsam auf die Beine. Noch ein wenig wackelig. Und beim ersten Schritt stach ihn ein scharfer Schmerz in die Nierengegend.
      „Uh. Das wird witzig...“ er legte die Hand auf den Verband und verzog das Gesicht.
      „Lach nicht zu laut. Ich wäre dir dankbar, wenn man uns weder sehen noch hören würde.“
      „Zu Befehl Chef.“
      Tian zog Fenneks linken Arm um seine Schulter und stützte ihn.
      Sie traten durch die Tür. Es waren keine Wachen in Sicht. Tian spähte das hinter der Tür liegende Atrium entlang. Vom Erdgeschoß her hörte man Stimmen, und das Klirren von Rüstungsteilen.
      „Mist, sie sind schneller zurück, als erwartet. Los beeil dich.“
      Hastig zog der Kämmerer Fennek den Gang hinunter, öffnete eine andere Tür und schlüpfte hinein.
      Er ließ Fennek einen Moment alleine stehen, und trat an einen Wandteppich, schob ihn beiseite und enttarnte einen dahinterliegenden schmalen dunklen Treppenlauf.
      „Kein Licht. Schaffst du das ohne zu stolpern?“
      Fennek schnaubte. „Können Orks kotzen?“
      „Ähm...keine Ahnung können sie?“

      Es dauerte eine Weile bis sie es ungesehen durch das gehobene Viertel zu Uharus Unterschlupf im südlichen Armenviertel geschafft hatten.
      Durch den Keller eines baufälligen Hauses ging es baufällige Korridore längst vergessener Katakomben entlang. Die langsam zu Staub zerfallenden Skelette verstaubten unangetastet vor sich hin.
      Schließlich streifte der Geruch von Weihrauch und anderen verbrannten Kräutern Fennek Nase.
      Uharu konnte nicht mehr weit sein.
      Die beiden traten schließlich in einen mit Fackeln und Kerzen erleuchteten Raum, der schier überquoll von zeremoniellem Schnickschnack. Uharu liebte und lebte diesen Tinnef.
      In der Mitte des Raumes stand eine etwa zwei Meter hohe Holzikone. Grob geschnitzt, das Gesicht einem Totenschädel gleich, starrte sie mit riesigen glotzenden Augen und herausgestreckter Zunge die Eintretenden an. Rauch umhüllte sie, und der Fackelschein tat sein übriges, um einen höchst unwillkommenen Eindruck zu hinterlassen. Davor hockte Uharu. Ein riesiger schwarzer Mensch. Bunte Farben waren in Mustern überall auf seine Haut gezeichnet. Ausser einem ebenso farbenfrohen Lendenschurz, sowie Armreifen und Ketten mit klappernden Knochen und Holzfetischen trug er diese enorm großen runden Ohringe.
      „Ah Mistel. Bringst du mir den kleinen Fuchs.“ seine Stimme klang träge und langsam drehte er sich zu den Beiden um.
      „Ja, aber ich sollte schnell wieder zurück, ehe mein Verschwinden auffällt.“
      „Ja. Geh, geh. Deine Aufgabe ist erfüllt.“ Mit einer fortscheuchenden Geste winkte er Tian, die Augen dabei nicht von Fennek abwendend.
      Tian verneigte sich kurz, und zog sich rückwärts gehend in die Katakomben zurück. Er hatte es dabei recht eilig.
      Uharus Zeigefinger dohrte sich in Fenneks Richtung. „Du schwebst in großer Gefahr kleiner Fuchs.“
      Fennek lächelte und suchte sich einen einigermassen freien Platz, wischte mit einer groben Armbewegung die verteilten Kerzen und Figuren beiseite und setzt sich langsam.
      „Na wenn du auch in unbelüfteten Räumen Feuer anzündest, und mich dann herbringen lässt..“
      „Dieser Ort ist sicher für dich.“
      „Oh, dass hat Khom auch über die Residenz von Stahlferse gesagt, bei dem ich zu Gast war.“
      „Ja. Es war nicht einfach dich ausfindig zu machen, nachdem Spreu berichtete, dass du wieder in der Stadt bist.“
      „Ach nein? Dann hat Heuschrecke und seine Bande nicht gesagt, dass sie gepatzt , und Stahlferses Männer mich erwischt haben?“
      „Heuschrecke sagst du? Er ist tot. Wurde aufgeschlitzt in der Mondgasse gefunden. Mit ihm Speer, Mona und dem Daumen. Die selbe Klinge. Präzise. Keine unnötigen Schnitte oder Verletzungen.“
      „Warst sauer auf sie hm?“
      Uharu hob beschwichtigend die Hände. „Wisse, dass ich damit nichts zu tun habe. Als du verschwunden warst, habe ich nach dir suchen lassen. Doch du warst fort. Ohne ein Wort.“
      „Nein war ich nicht. Sperling und Fizz sollten bescheid geben.“
      „Sperling und Fizz? Sie kamen nicht zu mir. Ich werde nach ihnen schicken lassen.“
      Fennek tippte sich überlegend mit dem Zeigefinger auf die Lippen.
      „Hm... Angenommen, du sagst die Wahrheit und hast wirklich nichts damit zu tun, was ich nicht glaube; aber spinnen wir den Gedanken dennoch weiter, wer ist in meiner Abwesenheit für Sperling und Fizz verantwortlich gewesen?“
      „Ich.“
      „Dann finde heraus mit wem die beiden derweil verkehren. Ich will mindestens fünf Namen.“
      Uharu blicke zu Fennek. Seine riesigen weißen Augen stachen aus dem dunklen Gesicht hervor als wären sie so groß wie Hühnereier.
      „Du forderst nicht in meinen Hallen kleiner Fuchs.“
      „Nein? Dann muss ich mich nocheinmal wiederholen?“ Fennek schenke ihm ein zuckersüßes Lächeln.
      „Jemand ist auf die Idee gekommen mich erstechen zu lassen. Und dann bringt auch noch jemand diejenigen um, die eben das versucht haben. Und dann erfahre ich, dass es da Steckbriefe von mir gibt. Nicht offiziell, sondern lediglich an bestimmte Personen verteilt.
      Ehrlich Uharu, dass drück ein wenig auf meine gute Laune. Und jetzt kommst du mir auch noch doof?“ Fennek schüttelte den Kopf.
      „Fangen wir nocheinmal von vorn an.“
      Er zählte an den Fingern ab. „Fünf Namen zu Sperling und Fizz. Die Namen derer, die diese Steckbriefe bekommen haben. Die Tinte und das Pergament dieser Steckbriefe, ich will wissen, wer sie geschrieben hat. Oh, und ich will mehr über Stahlferse wissen. Irgendwo schulde ich dem Kerl etwas. Kann ihm aber schlecht danke sagen, wenn ich nicht weiß wer er ist.“
      „Du verlangs viel, und bietest wenig.“
      Fennek biss sich kurz in die Oberlippe und nickte ernst. „Stimmt.“
      Dann stand er langsam auf und ging Richtung Katakomben.
      „Du solltest nicht weit fortgehen. Nicht bis die Fragen eine Antwort gefunden haben, und deine Wund verheilt ist.“
      „Hör mal Uharu. Geh du mir nicht auch noch damit auf die Nerven. In ein paar Tagen ist dieser Arenakampf, und absolut niemand wird mich davon abhalten, dort hinzugehen.“
      „Ist der Kampf dir wichtiger als dein Leben?“
      Fennek lachte. „Nein, aber Gegus Leguanspieße die er dort verkauft sind es in jedem Fall!“
    • Fizz blickte sich nervös über die Schulter. Seine riesigen Ohren stellten sich leicht auf, doch der Goblin hatte sich geirrt. Da war niemand. Wie auch? Diese Gasse war eine Sackgasse.
      Sein Blick wandte sich wieder dem kleinen Straßenjungen vor ihm zu. Es war zu gefährlich geworden seine Freunde und Bekannten selbst zu besuchen. Nicht nur für ihn, sondern auch für sie.
      Er vermisste sie. Doch als er die Aufforderung vor einigen Wochen bekommen hatte die Stadt zu verlassen, wußte er einfach nicht wohin er gehen sollte. Altinova war seine Heimat. Er hatte sein gesamtes Leben hier verbracht. Und dann plötzlich ein Stück Papier auf dem geschrieben stand, dass er ohne mit jemandem Kontakt aufzunehmen verschwinden sollte. Er wusste, dass er eines Tages wegen seiner Tätigkeit in Schwierigkeiten geraten würde. Aber so?
      „Also, du weißt, wem du diese Nachricht bringen sollst?“ er hielt dem Jungen vor sich einen Zettel hin. Eine Nachricht an seine Verwandten.
      FENNEK!“ schrie der Junge mit einem Mal auf.
      Fizz rutschte das Herz in die Hose. Nein. Dem ganz sicher nicht, dachte er bei sich. Doch als er sah, dass der Junge an ihm vorbeiblickte, strahlend wie ein Honigkuchenpferd, verschwand auch das letzte Bischen Grün aus seinem Gesicht.
      „Hey Biren! Na? Wie geht es dir? Du solltest dich besser nicht mit solchen Harlunken wie Fizz herumtreiben.“ Der Klang der Stimme kam von einer mehrere Meter erhöhten Position hinter ihm. Hatte er wirklich ein Fenster übersehen? Oder stand der Kerl direkt auf dem Dach? Er wagte es nicht sich umzudrehen.
      „Fizz ist in Ordnung Fennek. Er will blos das...“
      „Sssssch!“ der Goblin hob mit weit aufgerissenen Augen den Zeigefinger an die Lippen.
      „Oh. Tut mir leid. Das darf ich ja nicht verraten.“
      „Dann solltest du es auch nicht tun Biren. Wenn man sich nicht auf deine Diskretion verlassen kann, bist du wertlos. Und glaube mir, es ist nicht gut wertlos zu sein.“ Zwei Füsse trafen mit einem dumpfen Laut auf den trockenen Lehm der Gasse auf. Fizz konnte die Schritte hören die sich ihm näherten.
      „Ok. Werd ich mir merken!“ gab Biren noch immer freudestrahlend zurück.
      „Biren, tu mir doch einen Gefallen. Sage Spreu, dass sie Uharu informieren soll, dass ich ihn in Kürze aufsuchen werde. Wärst du so gut?“
      „Na klar! Bin gleich wieder da! Sie ist doch um diese Zeit auf dem Markt oder?“
      „Ja, ist sie.“
      Lass mich nicht mit ihm allein, lass mich nicht mit ihm allein. Rezitierte der Gobblin derweil in Gedanken. Doch es half nichts. Biren nahm die Beine in die Hand, und rannte los, als wolle er einen neuen Rekord aufstellen.
      Zwei Stiefel kamen in sein Blickfeld. Doch er wollte nicht aufsehen. Vieleicht, wenn er lange genug ausharrte, würde er aufwachen, und alles war lediglich ein schlechter Traum.
      „Mensch, Fizz, weisst du eigentlich wie schwierig es ist dich zu finden? Ich soll dir schöne Grüße von Japis ausrichten, und stell dir vor, da finde ich dich einfach nicht!“
      „Wie....wie hast du mich gefunden?“
      „Na wie wohl? Die Schwester der Freundin von Xafes hat Zeges gesagt, dass Marl von der Wache gewusst haben will, dass Caphred gehört hat, wie Latris meinte, dass Oleph eine Ahnung hätte wer mir sagen könnte wo du steckst. Und du wirst lachen, sie hatte Recht!“
      „Ich...ich kann dir alles erklären...“
      „Dachte ich mir, doch zuerst, schöne Grüße von Japis!“
      Fizz konnte die gute Laune des Jungen förmlich spüren. Warum nur machte ihm dieser Tonfall mehr Angst, als hätte er ihm eine glühende Messerspitze direkt vor sein Auge gehalten.
      „Danke.“ hauchte der Goblin.
      „Oh Fizz, komm schon. Nun sieh mich wenigstens an! Da unten auf dem Boden ist absolut nichts, was deine Aufmerksamkeit wert ist.“
      Der Goblin atmete tief ein, knetete seine Hände, nahm allen Mut zusammen und blickte auf, in ein warm lächelndes Gesicht.
      „Na bitte! Geht doch. Also. Erzähl.“ Fennek nickte höflich auffordernd.
      „Ähm, was genau...du meinst..?“
      „Jau. Mein ich. Was war denn los?“
      „Ich ähm... da war diese Nachricht. Auf einem kleinen Stück Papier weißt du? Darauf stand, dass es schlimme Konsequenzen für mich und meine Freunde haben würde, wenn ich nicht sofort aus Altinova verschwinden würde, und zwar bevor ich deine Abwesenheit und den Grund dafür Uharu oder irgendwem sonst mitteile.... Verstehst du? Was hätte ich denn tun sollen? Ich..“
      „Entspannt sich Fizz.“ der Junge legte ihm weich seine Hand auf die Schulter, und blickte ihn verständnisvoll an. In seiner Stimme lag nicht der Hauch von Falschheit.
      Fizz wurde schwindelig.
      „Mir ist klar, dass du nicht zu den Mutigsten gehörst. Diesen Zettel, hast du ihn noch, oder weisst du, wo ich ihn finden kann.“
      Der Goblin schüttelte den Kopf, und seine Ohren klatschten dabei leise an seine Wangen.
      „Nein. Ich habe ihn verbrannt, direkt nachdem ich ihn gelesen habe...“ seine Stimme wurde immer leiser, bis er befürchtete, Fennek hätte die letzten Worte nicht mehr gehört.
      „Aber wenn ich dir ein Schriftstück zeige, könntest du die Schrift wiedererkennen?“
      „Mag sein. Aber sie war aber nicht sonderlich markant.“
      „Das ist gut!“ Fennek schlug ihm freundschaftlich an den Oberarm. „Nächste Frage. Warum um alles in der Welt bist du noch in Altinova? Oder wieder. Ich muss gestehen, ich hab dich nicht für so standhaft....oder doof gehalten.“
      „Weil ich...ich wusste nicht wohin ich gehen sollte.“
      „Und du hast es geschafft, die ganze Zeit unentdeckt zu bleiben? Wirklich? Glaub ich dir nicht!“
      Fizz riss die Augen auf. Sein Herz begann nocheinmal deutlich schneller zu schlagen.
      „Ehrlich! Ich schwöre es dir! Nachdem ich die Nachricht zugesteckt bekommen hatte, verließ ich Altinova durch das Osttor. Aber ich bin in der Dunkelheit wieder hineingeschlichen. Ich kann dir die Stelle zeigen! Sie ist relativ unbekannt, und man muss klein sein um...“
      „Schon gut, schon gut. Jetzt flip nicht jedesmal gleich aus, wenn ich deine Aussage in Frage stelle. Wenn du gleich tot umfällst weil dein Herz nicht mehr mitspielt, kannst du mir schließlich keine Fragen mehr beantworten. Also. Die Frage sollte eigentlich klar sein, doch will ich sie wenigstens gestellt haben. Weißt du von wem die Nachricht stammt, oder wer sie dir zugesteckt hat?“
      Fizz schüttelte stumm den Kopf und blickt wieder zu Boden. Konnte der Junge nicht endlich eine Frage stellen, die er auch beantworten konnte?
      „Na schön. Was ist mit Sperling?“
      Fizz stöhnte. „Ich weiß nicht was aus Sperling geworden ist. Ich habe ihn nicht gesucht, ich habe nichts von ihm gehört, ich weiß nicht, ob er überhaupt noch in Altinova ist oder überlebt hat.“
      „Du hast dich hier wirklich ganz schön eingegraben hm? Pass auf. Ich habe eine Idee.
      Jeder kann mal einen Fehler machen. Auch du.“ der Junge legte seinen Zeigefinger unter sein Kinn und schob es hoch, sodass der Goblin ihm in die Augen sehen mußte.
      „Wichtig dabei ist, mach sie nicht zweimal. Wirst du nicht, weiß ich. Um das Ganze völlig zu vergessen, und ich meine wirklich vergessen, kein Wort, und kein Gedanke mehr darüber, tust du mir einen kleinen einfachen Gefallen. Finde heraus, was mit Sperling geschehen ist!“
      „Aber... ich bin ein Bote kein Auge!“
      „Oh komm schon Fizz. Du hast dich wie viele Wochen hier in der Stadt verkrochen, ohne das dich jemand hochgenommen hat, trotz Drohung? Ich weiß, dass du zu mehr in der Lage bist als einfache Botengänge zu erledigen. Willst du mir wirklich diese einfache Bitte ausschlagen?“
      „NEIN!“
      „Na bitte. Du hast drei Tage. Dann will ich den ersten Bericht.“ Fennek hob ihm drei aufrecht stehende Finger vor die Nase.
      „Drei Tage....natürlich.“
      Fennek strahlte ihn an, und selbst die Sonne wurde eifersüchtig.
      Ohne ein weiteres Wort, wandte der Junge sich ab und marschierte zum Ende der Gasse.
      Fizz traute sich wieder Atem zu holen.
      Als Fennek das Ende der Gasse erreichte lief Biren fast in ihn hinen. Völlig ausser Atem erzählte ihm der kleine Junge etwas. Fizz konnte es nicht hören. Seine Ohren rauschten noch. Er sah Fennek lächeln, und ihm die Haare stubbeln. Dann kniete er sich vor ihn, blickte ernst und hob drei Finger. Fizz musste schlucken und die Beine wurden ihm weich. Warum konnte der Kerl nicht drohen wie jeder andere auch?
      Fennek deutete auf ihn und Biren sah in seine Richtung. Als der Junge erkannte, dass der Goblin sie beobachtete, winkte er grinsend zurück und lief ausser Sicht.
      Fennek stand auf, blickte ebenfalls zurück zu Fizz und neigte lächelnd den Kopf, ehe er ging.
      Fizz wollte sich übergeben.

      Wirklich gut gelaunt schlenderte Fennek durch die staubigen Gassen. Er freute sich auf die drei Pfirsiche, die Biren für ihn, sich selbst und Fizz besorgte. Der Tag hatte das Potential wirklich gut zu werden. Doch noch stand das Treffen mit Uharu zwischen Gut und Ende.
    • „Verdammt! Hörst du mir überhaupt zu? Dein Plan ist Scheiße!“
      Tian eilte schnellen Schrittes hinter Fennek her. Uharu selbst hatte ihn angewiesen der Bitte des Jungen nachzugehen. Wie hatte dieser Kerl den alten Geisterbeschwörer blos soweit gebracht?
      „Mistel, zum aller letzten Mal, geh mir nicht auf den Sack! Der Plan ist brilliant. Ist schließlich von mir!“
      „Ist er nicht, er ist dämlich und wird nicht funktionieren.“
      Fennek marschierte unbeeindruckt voran.
      „Lass das mal meine Sorge sein.“
      „Alter mach was du willst! Aber erwarte nicht, dass ich dich da raus hole, wenn der Mist in die Hose geht. Und das wird er!“
      „Hast du zufällig Elfenblut in deinen Adern? Die erzählen mir nämich auch ständig, dass alles viel zu riskant ist was ich vorhabe.“ mit zufriedener Miene zupfte Fennek seine Kleidung zurecht. Kleidung, die ihn als Kammerdiener auswies.
      „Also noch einmal die Zusammenfassung, bevor wir ankommen. Wir beide gehen in das Gebäude, du gehst deiner Arbeit nach, ich folge dir und wirke dabei ausgesprochen geschäftig, und sobald wir in Reichweite von Stahlferses Arbeitsräumlichkeiten kommen, sagst du mir bescheid. Alles weitere übernehme ich.“
      „Die reißen dich in Fetzen, wenn du da ohne Aufforderung eintreten willst. Da stehen permanent Wachen vor dem Eingang. Und das sind nicht diese Koboldlullis aus der Jaspiseinheit. Diese Stahlköpfe kennen keine Ausnahmen oder Regelerweiterungen. Und selbst wenn sie dich reinlassen sollten, was glaubst du wird die Stahlferse mit dir machen? Dir einen Tee anbieten?“
      „Warte es ab, ich kann recht charmant sein.“ Fennek blickte sich um und schenkte Tian ein gewinnendes Lächeln.
      Dieser verdrehte die Augen und riebt sich die Stirn. „Ich gebs auf.“

      Drei Stunden marschierte Fennek wie ein treuer Hund hinter Tian her, der seiner Beschäftigung nachging. Dinge von A nach B schaffen, Reinigen, oder aber schlicht still stehen und auf Anweisungen warten. Nach diesen drei Stunden bekam Fennek bereits einen groben Eindruck von dem Aufbau des Gebäudes, und der sich dort aufhaltenden Personen. Man schien ihn kaum wahrzunehmen. Die Aufmerksamkeit der Anwesenden richtete sich fast aussschließlich auf Tian und seine Tätigkeiten. Lediglich einmal fragte eine Wache, wer er sei. Tian sprang in die Bresche und erklärte ihr, dass Fennek eine neue Aushilfe sei, und er, Tian, die Aufgabe hatte ihm alles zu zeigen. Nachdem Fennek sich höfisch verneigte, und sich mit dem Namen Gashet vorstellte, war auch dieses kleine Hindernis aus dem Weg.
      Erst gegen frühen Abend dann wurde der Kämmerer in das Arbeitszimmer der Stahlferse gerufen. Offenbar gelüstete es ihn nach einem Heißgetränk. Der Gedanke, wie sich eine Person in Vollrüstung Tee durch den Sehschlitz seines Helms goss lies Fennek grinsend hinter Tian herlaufen, der das Tablet mit Becher und Kanne trug.
      „Pass auf.“ flüsterte Fennek. „Du gibst mir das Tablet, und ich gehe da allein rein. Sollte etwas schief gehen, kannst du sagen, ich habe dir eins übergezogen, und mich mit dem Tee aus dem Staub gemacht.“
      Tian seufzte und schüttelte den Kopf.
      „Dir ist schon klar, dass es wenig glaubhaft ist, wenn ich keine Beule oder ähnliches habe oder?“
      „Na wenn du darauf bestehst...“
      „Ich warne dich! Bleib weg von mir!“
      „Dann sag halt, du wärst kurz pissen gewesen, und als du vom Händewaschen zurück bist, war der Tee weg.“
      „Sag mal, hat jemals irgendein Plan von dir funktioniert?“
      Fennek kniff vergnügt die Augen zusammen, ließ die Zähne aufblitzen und hielt die Hände vor sich.
      „Ich muss völlig verrück sein...“ murmelte Tian und überreichte Fennek das Tablet.



      „Wo ist Tian?“ die Wache blickte Fennek streng in die Augen, als er sich der Tür zum Arbeitsraum näherte.
      „Verhindert. Mir wurde aufgetragen für ihn einzuspringen, und diesen Tee zu diesem Zimmer zu bringen. Was...was ist das überhaupt für ein Zimmer? Tian hatte es mir bisher noch nicht gezeigt.“
      Fennek blickte mit fragendem Blick zurück.
      „Tian sollte den Tee bringen. Du bist nicht Tian.“
      Mistel hatte nicht übertrieben. Die Jungs kamen mit Veränderungen offenbar nicht sonderlich gut zurecht.
      „Das ist richtig. Ich bin Gashet. Und ich soll für Tian einspringen.“ Er machte eine kurze Pause, dann fuhr er fort. „Der Tee wird kalt, und mir wurde gesagt, dass ich nicht trödeln soll und dass es Ärger geben würde, wenn der Tee nicht exakt die richtige Temperatur hat.“ er blickte etwas flehend.
      „Bitte, ich will nicht gleich an meinem ersten Tag eine so einfache Anweisung vermasseln.“
      Eine unangenehme Stille trat ein.
      „Du wirst dort hineingehen, das Tablett auf dem Schreibtisch abstellen und wieder zurückkommen. Wir werden dich dabei im Auge behalten.“
      Die zweite Wache öffnete die Tür.
      Fennek hatte kaum einen Fuß über die Schwelle gesetzt, als ihm klar wurde, dass man ihn bereits erwartete. An dem Schreibtisch saß ein Ork.
      Die saubere und sichtbar teure Kleidung wollte so gar nicht zu der enormen Gestalt passen, die kaum Platz hinter dem Tisch, geschweige denn auf dem Stuhl dahinter Platz fand. Das konnte unmöglich die Stahlferse sein. Er hatte die Person, oder besser den Vollharnisch gesehen. Dieser Klotz würde wohl nicht einmal als Säugling in Stahlferses Rüstung passen.
      Neben dem Ork hatten sich zwei weitere Wachen positioniert und auf dieser Seite der Tür nocheinmal zwei.
      Fennek schaute über die Schulter, und fand den Blick der Person, die ihm die Tür geöffnet hatte. Ihr Gesicht war weiterhin wie aus Stein. Doch erkannte Fennek in den Augen, dass ihr das kleine Schauspiel echte Freude bereitet hatte.
      Fennek grinste ihm zu. Der Kerl hatte gut gespielt, dass musste er anerkennen. Die Fassade brach, und auch die Wache schmunzelte. Kurz. Dann schloß er die Tür hinter sich, und ließ Fennek mit dem Ork, sowie den übrigen vier Wachen allein zurück.
      „Hallo Gashet. Stell das doch bitte hier hin.“ Der Ork deutet auf die Tischplatte vor ihm.“
      Fennek folgte der Aufforderung, trat einen Schritt zurück, flatete die Hände auf dem Rücken und wartete einen Moment, ob noch eine weitere Anweisung folgen würde.
      „Also,“ fuhr der Ork fort. „ich schätze es wäre am einfachsten für uns alle, wenn du beginnst dein Anliegen vorzutragen.“
      Fennek hob eine Braue. „Bitte?“
      Der Ork seufzte schwer. „Also gut. Du willst ersteinmal einschätzen wo wir stehen? Fennek?“
      Er deutete auf die Wachen. „Wir haben dich erwartet, und ich will dir die Möglichkeit geben mir kurz zu erklären, was dich hierher treibt. Danach wirst du Fragen an mich haben, und zuletzt, im Idealfall, einigen wir uns auf eine Lösung dieser Situation, mit der wir beide einigermassen zufrieden sind, oder zumindestens ich zufrieden bin.“
      Fennek biss sich kurz auf die Unterlippe und zog die Brauen zusammen.
      „Du... sagst du hast mich hier erwartet. Warum der Aufwand. Du hättest mich jederzeit in den letzen drei Stunden festnehmen können.“
      „Junge, ich habe dir die Erlaubnis gegeben dich zu erklären, nicht Fragen zu stellen. Aber gut, um dir meinen guten Willen zu zeigen: Es diente dazu, dir jetzt zu zeigen, dass es kein Zufall ist, dass wir dich erwischt haben. Wir wussten das du kommst, wir wussten, dass du hier in dieses Zimmer willst. Vieleicht überlegst du es dir also zweimal Lügen über dein Vorhaben zu erzählen. Wir wissen eine ganze Menge über dein Treiben in den letzten Tagen.
      Und nun bitte. Du bist an der Reihe.“
      „Tja.“ Fennek wippe auf den Fußballen leicht auf und ab „Ich hatte vor mich bei Stahlferse zu bedanken. Dafür, dass er mir einen Heiler besorgt hat und dafür, dass er mich nicht der Person ausgeliefert hat, die diese Steckbriefe von mir verteilt hat.“
      „Ich werde es ihm ausrichten. Aber das wird wohl kaum der ganze Grund gewesen sein, nicht wahr?“
      „Wer hat diese Steckbriefe verteilt?“
      „Ah! Das große Mysterium. Nun Kleiner, dass wissen wir auch nicht. Wir arbeiten daran, doch noch liegen uns keine eindeutigen Beweise vor.“
      „Und wer hat diese Gesuche noch bekommen?“
      „Langsam langsam! Wir wechseln uns mit den Fragen ab oder? Das wäre nur gerecht.
      Der Grund warum wir dich haben laufen lassen war, wir wollten dein Potential, und deine Zugehörigkeit prüfen. Da du nun hier stehst, und wir so zivilisiert mit einenander reden, kannst du dir denken, dass wir zu einem für dich positiven Ergebnis gekommen sind.
      Wir möchten dich anheuern. Arbeite für uns. Was sagst du dazu?
      Die Braue des Jungen hob sich leicht, und ein ungläubiges Lächeln bahnte sich seinen Weg.
      „Und was genau wäre meine Aufgabe?“
      „Zuersteinmal das Sammeln von Informationen. Wir stellen dich auf die Probe, wie du dir vielleicht denken kannst. Vertrauen muss erst erarbeitet werden.
      Es gibt derzeit drei große unabhängige Gruppierungen in Altinovas Untergrund die sich auf das Beschaffen von Informationen spezialisiert haben. Die vielen kleineren zähle ich nicht mit. Mit dem Geisterbeschwörer hattest du nun des Öfteren zu tun. Uns interessiert vielmehr die andere.“
      „Die Kaispringer? Was wollt ihr über sie wissen?“
      „Für den Anfang, wer führt sie an?“
      „Teufelszahn. Sein richtiger Name ist Largos. Er...“
      „..ist vorallen Dingen tot.“
      Fennek kratzte sich am Ohr.
      „Finde heraus wer seine Stellung eingenommen hat.“
      „Nehmen wir einmal an, ich stimme jetzt zu, gehe hier raus, und vergesse mit einem Mal, dass ich mit euch eine Einigung hatte.“
      Der Ork legte die Fingerspitzen beider Hände aneinander. „Du läufst bereits einige Tage offen durch die Stadt. Provozierst Angriffe der Konkurenz. Und doch kommt es nie zu irgendwelchen Übergriffen. Das muss dir doch aufgefallen sein. Irgendjemand deckt dir also offenbar den Rücken. Nun stell dir vor, was passiert, wenn dieser Jemand seine Unterstützung mit einem Mal einstellt? Willst du das wirklich riskieren?“
      Ein verstehendes Grinsen breitete sich auf den Zügen des Jungen aus.
      „Na wenn das so ist... darf ich dann nun wieder eine Frage stellen?“
      „Nein. Ersteinmal schuldest du mir eine Antwort auf meine Frage.“
      „Oh. Richtig. Nun, ich arbeite für jeden, der mir ein gutes Angebot machen kann. Und eures klingt recht annehmbar. Ich liefere euch den Namen des neuen Kopfes der Kaispringer, und ihr seht zu, dass mir niemand einen Dolch in den Rücken rammt. Soll ich irgendwo etwas unterschreiben oder sowas?“ sein Blick schweifte über den Schreibtisch.
      „Nein. Offenbar reicht in dieser Hinsicht dein Wort aus.“
      „Gut. Dann bin ich wieder an der Reihe: Habt ihr noch einen dieser Steckbriefe?“
      „Wir haben lediglich einen bekommen. Und ja, wir haben ihn.“ der Ork zog die Schublade auf, zog besagtes Schriftstück hervor und legte es auf den Tisch.
      „Würde es euch etwas ausmachen es mir eine Weile auszuleihen?“
      „Ja. Würde es. Vieleicht können wir es dir überreichen, wenn du ersteinmal ein paar Aufgaben für uns erledigt hast. Wer weiß.“
      Fennek rümpfte die Nase. „Na gut. Dann...“ er deutete mit dem Daumen auf die Tür hinter sich. „Mache ich mich mal an die Arbeit?“
      Der Ork neigte gönnerhaft den Kopf.
      „Viel Erfolg.“

      „Berichte.“ Der Mann strich wie üblich seine Feder sauber, legte die ab, faltete die Finger ineinander und blickte emotionslos zu Drax.
      Der Ork streckte sein Kreuz durch, und blickte auf die Wand hinter dem Sitzenden.
      „Alles verläuft genau nach Plan. Dem Jungen wurde aufgetragen Informationen über die Kaibande zu beschaffen.“
      „Wie steht es um das Verhältnis zwischen ihm und dem Totenbeschwörer?“
      „Offenbar stärken sich die Bande im Moment..“
      „Setze den Kammerjungen Tian vor die Tür. Teile ihm mit, dass er hier fortan unerwünscht ist. Du wirst keine Begründung nennen.“
      „Sehr wohl.“ der Ork neigte den Kopf. „Allerdings wird er in diesem Fall den Grund für seine Entlassung diesem Fennek zuschieben.“
      „Natürlich wird er das. Und er wird es an den Totenbeschwörer weiterleiten. Das wiederum wird Spannungen zwischen den beiden erzeugen. Wir wollten doch schließlich nicht, dass am Ende sentimentale Skrupel irgendwelche Probleme bereiten.“

      Fennek schlenderte durch die Häusergassen. Es dauerte eine Weile, doch schließlich war er sich sicher, dass alle drei Augenpaare ihn wiedergefunden hatten. Jene Augenpaare, die ihn bereits seit kurz nach seiner Ankunft in Altinova verfolgten. Es wurde nun Zeit den zweiten Teil seines Plans in Angriff zu nehmen. Der erste Teil war ausgesprochen zufriedenstellend verlaufen. Wenn er ehrlich war, ersteinmal sogar besser als erwartet.
      Er wusste nun wo sich der Steckbrief befand. Er wußte wie er dorthin gelangen konnte, und es war unwahrscheinlich, dass man ihn so kurz nach seinem letzten Aufenthalt dort noch einmal erwartete.
      Jetzt galt es die Beobachter ein wenig nervös zu machen, und sich endlich dieses Schriftstück anzueignen.
      Beiläufig trat er in den Schatten eines Erkers. Die Vorstellung, wie nun eine gewisse Hektik seine Beobachter beschlich, ließ seine Laune steigen. Für eine Weile mußte er sie ein wenig in Unkenntnis über seine Aktionen lassen.
      Was er nicht ahnte war, dass ein viertes Augenpaar wenig Schwierigkeiten hatte trotz seiner Bemühungen an seinen Fersen zu bleiben.
    • „Fiiihiiiizz...“
      Die fast gesungene Erwähnung seines Namens hinter ihm ließ ihn einen Sprung nach vorn machen. Einen beachtlichen Sprung für einen Goblin. Sehr langsam blickte er sich um. Entkommen konnte er nun wohl sowieso nicht mehr.
      Der Junge kam langsam, mit auf dem Rücken zusammengelegten Händen auf ihn zu geschlendert. Wie immer schien er guter Laune zu haben und lächelte fröhlich.
      „Drei Tage hatten wir vereinbart. Nun sind wir schon bei fast einer Woche! Was ist denn los?“
      Fennek! Fennek hör mir zu, ich kann das erklären. Ich habe in den drei Tagen die Information die du wolltest gesammelt, aber ich wollte ganz sicher gehen, dass sie auch wirklich stimmt. Habe tiefer gegraben, und Dinge in Erfahrung gebracht.... Dinge... ich glaube du willst sie gar nicht hören.“
      Einen guten Meter blieb Fennek vor ihm stehen. Den Kopf neugierig zur Seite geneigt, wartete er darauf, dass der Goblin fortfuhr.
      „Sperling, er ist im Hafenbecken ertrunken.“
      „Du meinst, so wie ich?“
      „Nein nein! Genau deshalb habe ich mich ja weiter umgehört! Ich wollte sicher sein, dass er auch gefunden wurde. Also..nicht mehr am Leben meine ich.“
      „Na schön. Und das Ergebnis deiner eifrigen Nachforschung?“
      „Seine Leiche ist wirklich gefunden worden. Von Blaca. Gefunden hat er ihn etwa zwei Tage nach dem du ähm...“
      „Ertrunken bist?“
      „Nein! Uns aufgetragen hast dem Geisterbeschwörer bescheit zu geben.“
      „Und wo genau will er Sperling gefunden haben?“
      „Wenn du vom Nordkai aus östlich etwas weiter in die Bucht gehst. Er soll da angespült worden sein, und sich im Schilf verheddert haben.“
      Fennek blickte zweifelnd. „Und natürlich kann niemand Blacas Aussage bestätigen.
      „Indirekt. Ich konnte eine Wäscherin ausfindig machen, die morgens dort unterwegs war. Sie hat Blaca dort tatsächlich zu der von ihm angegebenen Zeit gesehen. Naja. Das er da irgendetwas im Schilf gefunden oder gesucht hat konnte sie nicht bestätigen. Allerdings hat sie ihn auch nicht sonderlich lange beobachtet.“
      „Tja. Blaca ist einer der Kaispringer. Seine Aussage betrachten wir besser erstmal als zweifelhaft. Hast du selbst mit ihm gesprochen?“
      „Bist du wahnsinnig? Ich bin doch überhaupt nicht mehr in der Stadt!“
      Fennek verdrehte die Augen. „Und wer hat dann mit ihm gesprochen?“
      Fizz blickt zu Boden. Erst langsam hob er den Blick und sah dem Jungen in die Augen.
      „Nynx...“ er legte die langen Ohren dicht an.
      „Nynx? Im Ernst? Den schickst du los?“ Fennek lachte. „Jetzt weiß ich auch warum das so lange gedauert hat!“
      „Wir haben nun nicht so eine große Auswahl an Augen im Hafen!“
      „Jaja, schon gut. Was hat Blaca mit der Leiche gemacht? Und hat er gesehen was genau Sperling zugestoßen ist?“
      „Öhm. Er hat ihm offenbar blos einen Schubs mit einem Schilfrohr gegeben, damit er wieder in die Bucht treibt.“
      „Das hast du dir gerade ausgedacht!“
      „Nein! Nein wirklich, mir war klar das du das wissen wolltest! Darum habe ich auch danach fragen lassen!“
      „Fizz, du hattest recht. Ich hätte wirklich lieber etwas anderes gehört.“ er presste die Lippen aufeinander und schloß kurz die Augen. Fizz war sich sicher, dass das keine Trauer um Sperling war, sondern er dachte nach, wie er doch noch an die gewünschten Informationen kommen könnte.
      Als Fennek die Augen wieder öffnete, wich der Goblin einen Schritt zurück, einen Schlag erwartend.
      Der Junge hob belustigt eine Braue.
      „Meine Güte bist du nervös. Hör zu. Nimm dir die nächsten Tage mal eine Auszeit und beruhige deine Nerven. Beruhigen, nicht betäuben. Wenn ich dich brauche, will ich dich nicht dicht in irgendeiner Frachtkiste finden müßen!“
      „Was? Ich benebel doch nicht meine Sinne wenn ich befürchte umgebracht zu werden! Ich brauche meine Sinne beisammen!“
      „Siehst du?“ er gab Fizz grinsend einen Klapps auf die Schulter „Und darum vertraue ich dir auch stets die schwierigsten Fälle an! Halt die Ohren offen und den Kopf unten. Irgendetwas sagt mir, dass ich schon recht bald wieder auf deine Fertigkeiten zurückgreifen werde.
      Fizz bekam wieder diese Bauchschmerzen.

      Seinen Gedanken nachgehend, bemerkte Fennek kaum, dass die alte Zihara an ihn herangetreten war. Die Alte stand sicher schon kurz vor ihrem achzigsten Lebensjahr, und seit zwei Jahren merkte man ihr das Alter wirklich an. Die knorrigen Finger legten sich auf seinen Unterarm und die trüben Augen blickten zu ihm hinauf.
      Fennek lächelte warm und legte seine Hand auf ihre Finger. Sie waren trotz der Mittagshitze eiskalt.
      „Was führt dich zu mir Zihara?“
      „Du hast es noch nicht gehört, nicht wahr?“ die Stimme der Alten war kaum lauter und kraftvoller als das Wispern eines Gespensts.
      „Was meinst du? Was habe ich noch nicht gehört?“
      „Der Geisperbeschwörer und seine Bande.“
      „Was ist mit ihnen?“
      Geistesabwesend drehte die Alte den Kopf beiseite und starrte ins Nichts. Es folgte keine Antwort. Offenbar hatte sie vergessen, dass sie mit ihm gesprochen hatte.
      „Zihara? Was ist mit Uharu?“
      Die Alte drehte den Blick langsam wieder in seine Richtung. „Junge, er und seine Bande sind angegriffen worden. Schrecklich viele Tote sagt man.“
      „Bitte was? Wer ist so bescheuert und greift Uharu an?“
      „Ich weiß das nicht Fennek. Niemand weiß das. Sie sind doch alle tot.“
      „Waren es die Stahlköpfe?“
      Die Furchen in Ziharas Gesicht verzogen sich streng.
      „Du hörst mir nicht zu Junge.“ Ihr Zeigefinger bohrte sich spitz in seinen Oberarm. „Du mußt genau zuhören wenn ich dir etwas erzähle!“
      Fennek grinste „Als würde ich das jemals nicht tun Zihara! Wo wurden sie angegriffen?“
      „In den Katakomben.“
      „Verdammt! Wie kann es da viele Tote gegeben haben? Das Labyrinth dort unten ist weitläufig und verzweigt. Da findet sich niemand außer Uharu und seine Bande zurecht!“
      Die trüben Augen musterten den Jungen, sie erwiderte jedoch nichts.
      „Ach Scheiße! Hör zu Zihara, zieh jeden ab, der im Moment auf dem Markt und in der Nähe des Eingangs zu dem Labyrinth tätig ist. Jeden verstehst du? Sie sollen ersteinmal im Südviertel untertauchen. Bekommst du das hin?“
      Die Alte gluckste. „Natürlich bekomme ich das hin. Aber was hast du nun vor?“
      „In Bewegung bleiben, und dem Auge folgen.“ ein Funkeln trat in seine Augen.
      Er strich der Alten lächelnd über das Kopftuch. „Danke Zihara“
      „Danke mir, indem du auf dich Acht gibst. Es liegt Ärger in der Luft. Großer Ärger.“
      „Ein neuer Rückschnitt?“
      „Wer weiß.“

      Fennek rannte durch die Gassen. Gedanken überschlugen sich. Der Schwäzer war zu Uharu gerufen worden. Hatte er etwas mit dem Angriff zu tun? Wenn nicht, war er dann ebenfalls unter den Opfern? Hatte wohlmöglich die Stahlferse zur großen Säuberung angesetzt? War Uharu wirklich Angreifern in seinen eigenen Hallen unterlegen, oder waren das blos übertriebene Gerüchte?
      Wie auch immer die Antworten aussahen, er kannte wenigstens eine Person, die sich brennend für die Situation im Labyrinth interessieren würde.
    • Schmollend blickte sich Libelle über die Schulter. Die Hexe war an Nyx herangetreten und schien eine Frage gestellt zu haben.
      Ein Geräusch wie eine Mischung aus Ärger und Enttäuschung kroch seine Kehle hinauf. Mit kleinen geballten Fäusten drehte er sich um und entfernte sich.
      Er hätte bestimmt helfen können! Wenn sie ihn doch nur einmal fragen würden!
      Aber nein, du bist zu jung, du bist zu klein, du hast noch nicht genug Erfahrung gesammelt.
      Er war bestimmt bald sechs Sonnenläufe alt! Wie viel Erfahrung sollte er denn noch sammeln?
      Kräftig trat er einen kleinen Stein vor sich, sodass dieser an ein Fass prallte und von diesem weiter in eine Seitengasse rollte.
      Libelle wollte sich schon wieder seiner schlechten Laune widmen, als er einen Schatten durch die Gasse huschen sah. Automatisch blickte er nach oben, und erhaschte gerade noch einen Blick auf eine dunkel gekleidete Gestalt, die von einem Dach auf das Nächste übersetzte.
      Sein Ärger war mit einem Mal wie verflogen und machte der Neugier Platz.
      Er lief in die Gasse bis zur nächsten Kreuzung, blickte nach links und recht, doch sah er die Gestalt nicht mehr.
      Was für ein beschissener Tag. Er wollte gerade schreiend seinem Ärger Luft machen, als er Fennek in der rechts abzweigenden Gasse davon laufen sah.
      Libelle setzte an ihn zu rufen, doch landete direkt vor Fennek eine dunkel gekleidete Gestalt auf dem trockenen Lehmboden. Das musste die Person vom Dach sein! Sie trug weite schmucklose Gewänder, die an Hüfte, Arm- und Fußgelenken fest zusammengebunden waren. Der Kopf war bis auf einen Seeschlitz mit einer Art Schal verbunden.
      Noch bevor er diesen Gedanken beendet hatte, traten zwei weitere Gestalten aus dem Schatten, in Fenneks Rücken auf.
      Libelle setze an eine Warnung zu rufen, doch kam kaum mehr als ein scharfes Einatmen hervor, als alle drei Personen gleichzeitig zwei Krummsäbel zogen, und ohne zögern zuschlugen.
      Fennek machte einen Sprung nach vorn, aus der Reichweite der beiden Angreifer in seinem Rücken, doch direkt in die Klingen der Person vor ihm.
      Erstaunt klappte Libelle der Mund auf, als er sah, wie der attakierte Junge sich im Sprung verbog um zwischen den beiden Klingen hindurchzugleiten.
      Hinter der Gestalt landend, wirbelte Fennek in einer flüssigen Bewegung herum, und hiel plötzlich einen länglichen Gegenstand in der Hand, den er vor den Mund legte. Eine Art Röhrchen.
      Die drei Angreifer wirkten gelassen und ließen die Klingen sinken.
      Als Fennek pustete, zuckte der Oberkörper des ihm am nächsten stehenden Angreifers wie von selbst zur Seite. Die direkt hinter diesem stehende Gestalt jedoch griff sich an die Schulter und zog einen kleinen Dorn hervor, den er dicht vor den Augen betrachtete.
      Schnell zog Fennek einen zweiten Pfeil aus der Weste und wollte ihn in das Röhrchen stecken, als ihm beides aus den Fingern fiel. Verwundert betrachtete er seine Hände, wankte, und fiel im selben Augenblick zu Boden, wie auch der vom Pfeil getroffene Angreifer.
      Die dem Jungen am nächsten stehende Gestalt, hob die Säbelklinge und wischte einen winzigen Blutstropfen von der Spitze.
      Libelle stand erstarrt da, die Zeit begann für ihn wieder zu fließen. Er wollte loslaufen, sich auf die beiden übriggebliebenen Angreifer stürzen. Die erste Gestalt, beugte sich über Fennek und holte weit mit ihrem Säbel aus, als plötzlich der Schatten der Gasse lebendig zu werden schien. Als hätte ein Windhauch Staub aufgewirbelt, wehte ein wenig Dunkelheit um die beiden Angreifer.
      Und so schnell die Sinnestäuschung aufgetaucht war, so schnell war sie wieder vorrüber.
      Die beiden Gestalten brachen zusammen wie schon ihr Begleiter und Fennek zuvor.
      Libelle zögerte und leckte sich nervös über die trockenen Lippen.
      Was war das denn gewesen? Hatte er da eine Person in dem Schatten gesehen? Irgendwas war doch an den beiden Personen vorbeigelaufen. War es noch da?
      Er schluckte hart. Das spielte keine Rolle! Er musste Fennek da rausschaffen. Sollten die anderen sich doch gegenseitig zerfleischen!
      Tapfer rannte der kleine Junge zu Fennek, und kam rutschend auf den Knien neben ihm zum Halt.
      Was sollte er jetzt tun? Er stubste ihn.
      Keine Reaktion.
      Er schüttelte ihn.
      Keine Reaktion.
      Er kniff ihn.
      Keine Reaktion.
      „Feeenneeek!“ er schüttelte ihn kräftiger.
      Keine Reaktion.
      Scheiße.
      Hektisch blickte er sich um, als ihm etwas einfliel.
      Er lehnte sich vor und legte sein Ohr über Fenneks Mund. Das hatte er einmal bei Plavo beobachtet, als dieser nach zuviel Schnaps geprüft hatte, ob Halwet noch lebte.
      Libelle spührte einen leichten Lufthauch. Also atmete er noch. Also lebte er noch.
      Ha! Und da sollte noch einer sagen er hätte keine Erfahrung!
      Stolz suchte er Fennek nach einer Verletzung ab. Da war schließlich dieser Bluttropfen gewesen.
      Er fand lediglich einen ganz kleinen Schnitt am Oberarm. Es blutete eigentlich kaum noch.
      Gut. Also auch nicht schwer verletzt.
      Was war denn dann mit ihm?
      Bestimmt verzaubert!
      Er brauchte also eine Hexe!
      Die einzige die er kannte war nun irgendwo am Hafen. Viel zu weit weg.
      Libelle blickte sich gehetzt um, als ihm auffiel, dass da ja noch die Person in der Nähe sein musste, die die Angreifer ausgeschaltet hatte.
      Plötzlich wurden seine Finger schwitzig und er zitterte leicht.
      Feigling! Du musst jetzt mutig sein, sonst wird man dir nie zutrauen helfen zu können!
      Der Junge presste die Lippen aufeinander. Er rappelte sich auf, griff mit beiden Händen Fenneks Hand und zog.
      Zu schwer. Aber er durfte nicht aufgeben. Er zog und zog, rutschte auf der staubigen Oberfläche aus und fiel, stand wieder auf und zog weiter.
      Das dauerte zu lange. Er musste Hilfe holen. Nein, erst Fennek ausser Sicht schaffen.
      Er zog weiter.
      Er schaffte es Fennek eine Gasse weiter hinter ein paar Fässern zu verstecken.
      Aber er wusste, das war kein gutes Versteck. Er musste sich beeilen.
      Wer war in der Nähe den er kannte....
      Libelle schaubte.
      Er konnte diesen Kerl nicht leiden. Er blickte so finster. Und er hatte die Hexe geküsst! Das war eckelig!
      Aber er hatte wenigstens stark genug ausgesehen, damit sie Fennek zu der Hexe bringen konnten!
      Er lief los.

      Libelles Lungen brannten, als er das rote Gebäude erreichte, bei dem er die Hexe abgeholt hatte. Hoffentlich war der Mann noch dort. Als er an dem Fensterschlitz vorbeikam, sprang er hoch, um einen Blick hineinwerfen zu können.
      Tatsächlich! Er war noch da!
      Libelle riss die Tür auf, lief hinein und wollte um Hilfe rufen, als etwas kleines silbernes auf ihn zuflog. Irgendetwas traf ihn am Hals, und statt einem Ruf kam lediglich ein feuchtes Blubbern hervor. Er konnte keine Luft holen um einen erneuten Versuch zu starten. Dann erkannte er, dass der Mann den er gesehen hatte nicht der Mann war, den er erwartet hatte. Er sah aus wie einer derjenigen, die Fennek angegriffen hatten. Sein Arm war ausgestreck, als hätte er etwas geworfen.
      Dann gingen dem Jungen die Gedanken aus.

      Fennek schlug die Augen auf. Es war das Einzige was er bewegen konnte.
      Er spüre ein Kribeln in den Fingerspitzen.
      Und auf der Nasenspitze.
      Konnte es noch schlimmer werden?
      Wo war er überhaupt?
      Die Angreifer!
      Er schrak auf. Der Schreck schien zu helfen, denn die Arme waren nun angewinkelt.
      Er konzentrierte sich. Ja, es funktionierte. Ganz langsam bekam er die Kontrolle über seine Gliedmassen zurück.
      Als er sich aufgesetzt hatte, fand er sich in einer gänzlich anderen Seitengasse wieder, als die, in der er angegriffen worden war.
      Tief einatmend rieb er sich das Gesicht und versuchte sich das Geschehene noch einmal ins Gedächtnis zu rufen.
      Drei Angreifer, einer davon ausgeschaltet. Er musste grinsen. Aljanna war ein Schatz! Ihre Tinktur hatte großartig funktioniert.
      Aber wie war er hierhergekommen.
      Er trat aus der Gasse heraus und blickte sich um.
      Nicht einmal zehn Schritt war die andere Gasse entfernt.
      Stolpernd humpelte er vorwärts zum Tatort.
      Seine Beine wollten noch nicht gänzlich seinen Anordnungen folgen.
      Er ließ ihnen keine Wahl.
      Als er sich mehr um die Ecke zur Seitengasse zog, als zu gehen, erblickte er dort lediglich noch Schleifspuren von Körpern auf dem staubigen Boden. Nicht deutlich genug um eine Richtung einordnen zu können.
      Doch die Fußspuren daneben erzählten ihm alles was er wissen musste.
      Mehrere Personen. Schwere harte Stiefel. Der Abstand der Schritte völlig regelmässig.
      Er würde diesen Itetistein in Gänze verschlucken, wenn nicht die Stahlköpfe diese Spuren hinterlassen hätten.
      Er blickte in den Himmel um den Sonnenstand zu prüfen.
      Verdammt. Thelesa und Spreu warteten schon eine ganze Weile auf dem Mark auf seine Rückkehr.
      Aber das hier war wichtig! Warum hatte er in einer anderen Gasse gelegen. Was war aus den übrigen zwei Angreifern geworden. Und wann waren die Stahlköpfe aufgetaucht?
      Für die ersten zwei Fragen fand er auf die schnelle keinen Lösungsansatz. Bei der letzten könnte ihm vielleicht der Schwätzer weiterhelfen, sollte er es tatsächlich schaffen, sich den Stahlköpfen anzuschließen.
      Und vielleicht war er ja noch in der Unterkunft. Wenn nicht, könnte er zumindestens eine Nachricht hinterlassen, ehe er mit Thelesa weiter nach Uharu suchen würde.
      Er lächelte breit.
      Langsam wurde es aufregend!
      Humpelnd machte er sich auf den Weg.

      Die Tür war abgeschlossen. Also doch nur eine Nachricht. Er drehte eines seiner Geduldspiele ineinander und formte daraus seinen „Allzweckersatzschlüssel“.
      Nachdem er die Tür hinter sich geschloßen hatte trat er an den Schreibtisch und zog Papier hervor. Tinte...er blickt sich nach Tinte um.
      Sein Blick streifte einen Körper der auf dem Bett weiter hinten im Raum lag. Ein kleiner Körper.
      Er vergas das Schreiben und trat auf das Bett zu. In einer an den Rändern bereits trocknenden Lache Blut lag Libelle. Die Augen des Kleinen waren mit einem verständnislosem Blick unter die Decke gerichtet. Eine kleine Faust fest um einen im Gürtel steckenden Zweig gekrallt, an dem langsam eine kleine Blüte verwelkte.
      Fennek machte einen Schritt auf das Bett zu.
      Dann brach die Ruhe über ihn herein.

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