WoW
Schamane:
Bei jedem Ausatmen stob ein feiner Wassernebel unter ihrer ledernen, tief ins Gesicht gezogenen Kapuze hervor. Sie schüttelte sich leicht, als erneut ein Tropfen kalten Wassers an ihrer Wirbelsäule hinabfloss. Sie fror und sie war bis auf die Haut durchnässt. Es regnete seit Tagen und ihr brauner Wollmantel mit den Lederbesätzen hatte schon vor einiger Zeit vor den Wassermassen kapituliert. Und noch viel länger war sie an keiner Ortschaft mehr vorbeigekommen, also blieb ihr nichts Anderes übrig als weiterzugehen. Die Luft roch kalt und bald, sehr bald würde der Regen in Schnee übergehen.
Irgendwann konnte sie durch den Regen in der Ferne die Umrisse von Häusern erkennen und sie hatte das Gefühl den Ort erreicht zu haben, zu dem es sie in letzter Zeit hinzog. Sie hoffte nur, dass es dort ein Gasthaus gab.
“Zum singenden Worgen” Das Schild über der Tür war kaum zu entziffern, es schien wie das Haus uralt zu sein. Noch dazu hatte sie nach wie vor Probleme die Menschliche Schrift zu entziffern. Sie sah sich kurz um, die Gassen waren leer, was um die Uhrzeit und bei dem Wetter wenig verwunderlich war. Nach kurzem Zögern trat sie durch die zu niedrige Tür und blieb kurz im Vorraum stehen, um ihren Mantel abtropfen zu lassen. Als sie sich zu voller Größe aufrichtete, drehten sich ein dutzend Köpfe zu ihr um. Kurz ließ sie ihren Blick durch den Gastraum schweifen und ging dann direkt auf die Theke zu.
“Trolle oder Elfen werden hier nicht bedient! Und Landstreicher oder Bettler schon gar nicht.”, rief der Wirt. “Weder bin ich ein Elf, noch bin ich je einem Troll begegnet.”, antwortete Nereen und schlug ihre Kapuze zurück. Als ihre blaue Haut, die blau leuchtenden Augen und die nach hinten geschwungenen Hörner zum Vorschein kamen, bekam der Wirt große Augen und alle Blicke richteten sich erneut auf Sie. “Was seid Ihr?”, fragte der Wirt verstört. “Ich bin eine Draenei, auch wenn mein Volk uralt ist, sind wir Neuankömmlinge auf dieser Welt.” Lächelnd ging Nereen weiter auf die Theke zu, sie war gut zwei Köpfe größer als der Mann. “U… uunnd was wollt Ihr hier?” “Das ist die falsche Frage. Ich bin nicht hier um etwas zu verlangen, sondern um etwas anzubieten.” Das verwirrte den Mann hinter der Bar noch mehr. “W… was sollten wir hier benötigen?” Nereen sah sich kurz um, dabei glitt ihr Blick zur Decke. “Die Elemente sind in Aufruhr. Jemand in diesem Hause ist sehr krank.” Sie sah wieder zu dem Wirt und erkannte an seiner Reaktion, dass es sich um eine von ihm geliebte Person handeln musste. “Ich bin hier um zu helfen.”
Die Draenei setzte ihren Rucksack ab und zog ihren Mantel aus. Noch immer tropfte jede Menge Regenwasser aus dem durchnässten Stoff. Um ihren Hals trug sie ein kräftiges Lederband an welchem Runen hingen, die den vier Elementen entsprachen, dazwischen, in der Mitte hing ein kleiner Anhänger aus rosa Kristall, der langsam pulsierte. Und nun konnte man auch ihren hölzernen Wanderstab sehen, den sie die ganze Zeit unter dem Mantel getragen hatte, in seiner Spitze war ebenfalls ein Kristall eingelassen. “Ich bin eine Hüterin der Elemente und Dienerin des Lichtes. Ich biete meine Hilfe an. Ihr liebt die kranke Person sehr, das sehe ich.” Der Mann schluckte schwer und schien zu zögern. Nach einigen Augenblicken nickte er aber. “Meine Frau... Ich hoffe Ihr könnt ihr mehr helfen als der Schamane, der sich bereits an ihr versucht hat.” “Es war bereits ein Schamane hier? Bringt mich zu ihr, rasch!”
In dem Raum in dem die Frau lag war die Luft stickig, sie lag unter einer dicken Decke, ihr stand Schweiß auf der Stirn und trotzdem schüttelte sie sich. Ihre Augen waren glasig und sie murmelte unverständliches Zeug. Ein junger Mann saß neben ihr und tupfte ihr die Stirn mit einem feuchten Tuch, in seinem Gesicht war deutlich seine Sorge zu erkennen. Er sah den Wirt an. “Wer ist das, Vater?” “Eine Heilerin, sie wird deiner Mutter helfen.” Zögerlich stand der junge Mann auf und machte der Draenei Platz. Nereen kniete sich neben das Bett und beugte sich über die Kranke. Sie legte ihr eine Hand auf die Stirn, die anderen auf die Brust und schloss die Augen. “Mh… wie ich befürchtet habe. Die Elemente sind nicht im Gleichgewicht. Der Wind ist in Aufruhr.” Nereen öffnete die Augen wieder und sah die zwei Männer an. “Der Wind ist ein Bote. Hat sie kürzlich schlechte Kunde erhalten?” Vater und Sohn sahen sich ratlos an, dann sprach der ältere. “Vor zwei Monaten bekam sie eine Nachricht, sie sprach nicht darüber. Kurz danach ging es ihr immer schlechter.” Die Draenei nickte verstehend. “Dann müssen wir erst die Symptome lindern und wenn es ihr besser geht die Ursache aus dem Weg räumen.” Plötzlich tastete sie nach etwas um den Hals der Frau und zog einen Anhänger hervor. Die betrachtete den Anhänger kurz und nahm ihn der Frau ab. Ihre Augen verengten sich und sie schloss die rechte Hand um das Medaillon, als würde sie es zerdrücken wollen. “Orks… woher kommt das?” “Ei… ein menschlicher Heiler gab es ihr. Er sagte, es… würde die Symptome lindern, aber das tat es nur kurz.”, antwortete der Sohn. Nereen schnaufte. “Weil man es nicht dabei belassen kann. Man muss immer die Ursache bekämpfen. Gefährliches Halbwissen und ein gefährliches Medaillon von einem gefährlichen Volk. Schon bevor sie verdorben wurden, war der orkische Umgang mit den Elementen auf Zwang ausgelegt.“ Die Draenei sah die zwei Männer an. „Ich kann ihr helfen, aber wir müssen uns beeilen. Eure Scheune, hat sie ein Fundament?“ Der Wirt blinzelte verwirrt und schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht, wer könnte sowas denn bezahlen?“ „Gut, dann schließt die Wirtschaft für heute und bringt mich in die Scheune.“ Der Mann nickte und schickte seinen Sohn fort, die Gäste zu vertrösten. Nereen gab dem Mann ihren Stab und schob dann beide Hände unter die Frau und hob sie vorsichtig hoch. Sie war leicht, abgemagert. Sanft trug sie die Menschenfrau hinter dem Wirt her, der sie eilig zur Scheune führte. Der Boden war überall mit Heu bedeckt. Nereen übergab die Frau dem Wirt und nahm ihren Stab wieder entgegen. Sie prüfte den Boden der Scheune, langsam und sorgfältig. An einer Stelle blieb sie plötzlich stehen und schob das Heu zur Seite. „Hier, legt eure Frau hier hin.“ Der Mann tat wie ihm geheißen, gerade als sein Sohn die Scheune betrat. „Die Gäste sind alle gegangen, Vater.“ Der Ältere nickte und sah zu Nereen. Beiden Männern war ihre Sorge deutlich ins Gesicht geschrieben, aber auch Hoffnung war zu erkennen. Die Schamanin lächelte und dirigierte die Männer an bestimmte Punkte links und rechts von der Frau. Sie selbst positionierte sie am Kopf. „Seid voller Hoffnung, die Elemente werden uns helfen, ebenso wie das Licht.“ Damit rammte sie ihren Stab in den Lehmboden, ihre Hand leuchtete kurz bläulich auf und der Stab schien augenblicklich Wurzeln zu schlagen. Der Kristall in der Spitze begann zu pulsieren, immer schneller und heller, bis der Kopf des Stabes zu brennen begann. Die Männer bekamen große Augen und Furcht zeigte sich in ihren Minen. „Fürchtet euch nicht, die Elemente sind mit uns.“ Nereen Stimme war deutlich tiefer geworden und ein merkwürdiger Hall lag in ihr. Ihr Augen leuchteten nun fast Weiß und kleine goldene Blitze umzuckten ihre Augenwinkel. Sie murmelte einige Formel in ihrer eigenen Sprache und es begann langsam von der Decke auf den Stab zu tropfen. „Ihr Geist ist in Aufruhr, der Wind, der Botschafter, lässt ihre Gedanken nicht mehr los. Wir müssen ihn beruhigen.“ Die Wurzeln des Stabes breiteten sich rasend schnell über den Boden aus und bildeten ein dreieckiges Geflecht in dessen Mitte der Kopf der Frau lag, die Eckpunkte wurden von Nereen und den zwei Männern gebildet. „Der Wind hält sich selbst in ihrem Geist gefangen, helft mir ihn zu befreien.“ Aus dem Boden stieg langsam ein bräunlicher Nebel auf, aus dem Stab wand sich ein roter und ein blauer, alle drei krochen auf den Kopf der Frau zu. Nereen holte den orkischen Talisman hervor und lies ihr oberhalb des Kopfes der Frau auf den Boden fallen, welchen er aber nie erreichte. Kurz über der Erde begann der Anhänger zu schweben und sich langsam zu drehen. Nun umschloss Nereen ihren Stab mit beiden Händen, das Leuchten ihrer Augen wurde immer intensiver und die drei Nebel formten sich jeweils zu etwas, was wie ein Wurm aussah. Sie umkreisten einen Moment den Kopf der Frau und bewegten sich dann aufeinander zu. Genau über dem Kopf begannen sie, sich um sich selbst zu winden. Dann passierte alles auf einmal. Der Körper der Frau bäumte sich auf und sie begann spastisch zu zucken, Blitze verbanden Nereen und die zwei Männer, der Talisman explodierte förmlich und lies silbernen Staub auf die Frau rieseln. Das Tor der Scheune flog nach außen auf und für einen Moment schien ein gewaltiger Luftstrom die Scheune zu verlassen, welcher die Schamanin beinahe von ihren Hufen riss.
Dann war es ruhig. Das Geflecht unter der Frau war ebenso verschwunden, wie die die Flammen oder das Wasser. Von draußen drang nur das leise Plätschern des Regens herein. Die Draenei zog ihren Stab aus dem Boden, er war völlig unverändert, keine Spur von Feuer oder Wurzeln. Sie kniete sich zu der Frau, welche langsam die Augen öffnete. Als sie die Draenei sah, zuckte sie erschreckt zusammen und kroch von ihr weg, die Schamanin aber lächelte einfach sanft. „Ihr braucht keine Angst zu haben.“ Die Frau schob sich langsam weiter von Nereen weg, bis sie rückwärts gegen ihren Mann stieß, sie sah ihn an, er lächelte zurück und sie beruhigte sich augenblicklich. „Was ist passiert, warum bin ich in der Scheune?“ „Alles ist gut, meine Liebe. Schamanin Nereen hat dich geheilt. Sie kam von weit her um dir zu helfen.“, meinte er. Die Draenei hob eine Hand. „Ich habe ihren Geist beruhigt und die Elemente, heilen kann sie sich nur selbst.“ Die Draenei sah die Frau eindringlich an. „Das, was Euch in diese Lage brachte, wühlt noch immer euren Geist auf. Ihr leidet und auf Dauer könnt ihr diese Pein nicht unterdrücken. Teilt den Schmerz mit euren Lieben, was auch immer es ist. Nur so könnt Ihr euch selbst befreien.“ Die Frau nickte und sah zu ihrem Mann und dann zu ihrem Sohn. „Ich muss euch etwas erzählen, aber nicht mehr heute, ich bin müde.“ „Lasst uns nach drinnen ins Warme gehen.“, meinte die Draenei. Der Wirt hob vorsichtig seine Frau hoch. Sie gingen zurück ins Haupthaus und machten es sich auf einem großen Fell vor dem Kamin bequem.
Das Feuer prasselte und wärmte alle Vier. Die Menschen hatten tausend Fragen und Nereen erzählte ihre Geschichte und die ihres Volkes. Wie sie nach Azeroth gekommen waren, wie sie Schamanin wurde. Irgendwann schlief die Frau mit dem Kopf im Schoß ihres Mannes ein und auch der Sohn verabschiedete sich für diesen Tag.
„Wie kann ich Euch nur dafür danken, Schamanin? Verlangt was Ihr wollt, ich gebe es Euch.“, fragte der Wirt. Nereen lächelte und winkte ab. „Ihr müsst mir nichts geben. Aber wenn Ihr für die nächsten zwei Nächte ein warmes Plätzchen für mich hättet, an dem ich etwas ruhen kann, wäre ich Euch sehr dankbar.“ Der Wirt akzeptierte und gab der Draenei das beste Zimmer, das er noch frei hatte.
Am nächsten Tag ging es der Frau schon viel besser, sie erzählte, was sie beschäftigte, dass der Wirt ihr zweiter Mann war und dass ihre Kinder aus erster Ehe bei einem Angriff von Straßenräubern umgekommen waren. Man konnte sehen, dass ihre Beichte ihr einen riesigen Stein vom Herzen nahm. Sie blühte beinahe auf, auch wenn sie noch sehr schwach war. Ihre jetzige Familie nahm die Nachricht sehr gefasst auf. Sie liebten ihre Frau und Mutter und die Vergangenheit schien für sie keine große Rolle zu spielen.
Am Abend war die Gaststube wieder voll und die Draenei sozusagen der Mittelpunkt des Interesses. Ihr Volk war erst kurz auf dieser Welt und kaum jemand in diesem Land hatte schon einmal einen lebenden Draenei gesehen. Geduldig beantwortete sie alle Fragen, bevor sie sich spät in der Nacht zurückzog.
Früh am nächsten Morgen machte sie sich wieder auf den Weg. Der Regen war nun wirklich in Schnee übergegangen und die Welt von einer dünnen weißen Schicht bedeckt.
Nereen verabschiedete sich von der kleinen Wirtsfamilie. Zuletzt drückte sie die Frau vorsichtig und gab ihr etwas Kleines in die Hand. Die Frau sah sie fragend an. „Ein Kristall meines Volkes. Er symbolisiert das Licht. Vergesst niemals, dass das Licht immer bei Euch sein wird. Ehr es und es wird Euch schützen, ebenso wie die Elemente.“ Antwortete die Schamanin, ohne auf die Frage gewartet zu haben. Dann wandte sie sich ab und schlug ihre Kapuze über den Kopf. Ihre schlanke Gestalt verschwand unter dem braunen Wollmantel und sie machte sich auf. Wohin wusste sie nicht. Sie folgte einfach ihrem Gefühl. Irgendwo würde sicher jemand Hilfe benötigen.
((Für jene, die nicht wissen wie ein Draenei aussieht:
wow.gamepedia.com/Draenei
))
Schamane:
Bei jedem Ausatmen stob ein feiner Wassernebel unter ihrer ledernen, tief ins Gesicht gezogenen Kapuze hervor. Sie schüttelte sich leicht, als erneut ein Tropfen kalten Wassers an ihrer Wirbelsäule hinabfloss. Sie fror und sie war bis auf die Haut durchnässt. Es regnete seit Tagen und ihr brauner Wollmantel mit den Lederbesätzen hatte schon vor einiger Zeit vor den Wassermassen kapituliert. Und noch viel länger war sie an keiner Ortschaft mehr vorbeigekommen, also blieb ihr nichts Anderes übrig als weiterzugehen. Die Luft roch kalt und bald, sehr bald würde der Regen in Schnee übergehen.
Irgendwann konnte sie durch den Regen in der Ferne die Umrisse von Häusern erkennen und sie hatte das Gefühl den Ort erreicht zu haben, zu dem es sie in letzter Zeit hinzog. Sie hoffte nur, dass es dort ein Gasthaus gab.
“Zum singenden Worgen” Das Schild über der Tür war kaum zu entziffern, es schien wie das Haus uralt zu sein. Noch dazu hatte sie nach wie vor Probleme die Menschliche Schrift zu entziffern. Sie sah sich kurz um, die Gassen waren leer, was um die Uhrzeit und bei dem Wetter wenig verwunderlich war. Nach kurzem Zögern trat sie durch die zu niedrige Tür und blieb kurz im Vorraum stehen, um ihren Mantel abtropfen zu lassen. Als sie sich zu voller Größe aufrichtete, drehten sich ein dutzend Köpfe zu ihr um. Kurz ließ sie ihren Blick durch den Gastraum schweifen und ging dann direkt auf die Theke zu.
“Trolle oder Elfen werden hier nicht bedient! Und Landstreicher oder Bettler schon gar nicht.”, rief der Wirt. “Weder bin ich ein Elf, noch bin ich je einem Troll begegnet.”, antwortete Nereen und schlug ihre Kapuze zurück. Als ihre blaue Haut, die blau leuchtenden Augen und die nach hinten geschwungenen Hörner zum Vorschein kamen, bekam der Wirt große Augen und alle Blicke richteten sich erneut auf Sie. “Was seid Ihr?”, fragte der Wirt verstört. “Ich bin eine Draenei, auch wenn mein Volk uralt ist, sind wir Neuankömmlinge auf dieser Welt.” Lächelnd ging Nereen weiter auf die Theke zu, sie war gut zwei Köpfe größer als der Mann. “U… uunnd was wollt Ihr hier?” “Das ist die falsche Frage. Ich bin nicht hier um etwas zu verlangen, sondern um etwas anzubieten.” Das verwirrte den Mann hinter der Bar noch mehr. “W… was sollten wir hier benötigen?” Nereen sah sich kurz um, dabei glitt ihr Blick zur Decke. “Die Elemente sind in Aufruhr. Jemand in diesem Hause ist sehr krank.” Sie sah wieder zu dem Wirt und erkannte an seiner Reaktion, dass es sich um eine von ihm geliebte Person handeln musste. “Ich bin hier um zu helfen.”
Die Draenei setzte ihren Rucksack ab und zog ihren Mantel aus. Noch immer tropfte jede Menge Regenwasser aus dem durchnässten Stoff. Um ihren Hals trug sie ein kräftiges Lederband an welchem Runen hingen, die den vier Elementen entsprachen, dazwischen, in der Mitte hing ein kleiner Anhänger aus rosa Kristall, der langsam pulsierte. Und nun konnte man auch ihren hölzernen Wanderstab sehen, den sie die ganze Zeit unter dem Mantel getragen hatte, in seiner Spitze war ebenfalls ein Kristall eingelassen. “Ich bin eine Hüterin der Elemente und Dienerin des Lichtes. Ich biete meine Hilfe an. Ihr liebt die kranke Person sehr, das sehe ich.” Der Mann schluckte schwer und schien zu zögern. Nach einigen Augenblicken nickte er aber. “Meine Frau... Ich hoffe Ihr könnt ihr mehr helfen als der Schamane, der sich bereits an ihr versucht hat.” “Es war bereits ein Schamane hier? Bringt mich zu ihr, rasch!”
In dem Raum in dem die Frau lag war die Luft stickig, sie lag unter einer dicken Decke, ihr stand Schweiß auf der Stirn und trotzdem schüttelte sie sich. Ihre Augen waren glasig und sie murmelte unverständliches Zeug. Ein junger Mann saß neben ihr und tupfte ihr die Stirn mit einem feuchten Tuch, in seinem Gesicht war deutlich seine Sorge zu erkennen. Er sah den Wirt an. “Wer ist das, Vater?” “Eine Heilerin, sie wird deiner Mutter helfen.” Zögerlich stand der junge Mann auf und machte der Draenei Platz. Nereen kniete sich neben das Bett und beugte sich über die Kranke. Sie legte ihr eine Hand auf die Stirn, die anderen auf die Brust und schloss die Augen. “Mh… wie ich befürchtet habe. Die Elemente sind nicht im Gleichgewicht. Der Wind ist in Aufruhr.” Nereen öffnete die Augen wieder und sah die zwei Männer an. “Der Wind ist ein Bote. Hat sie kürzlich schlechte Kunde erhalten?” Vater und Sohn sahen sich ratlos an, dann sprach der ältere. “Vor zwei Monaten bekam sie eine Nachricht, sie sprach nicht darüber. Kurz danach ging es ihr immer schlechter.” Die Draenei nickte verstehend. “Dann müssen wir erst die Symptome lindern und wenn es ihr besser geht die Ursache aus dem Weg räumen.” Plötzlich tastete sie nach etwas um den Hals der Frau und zog einen Anhänger hervor. Die betrachtete den Anhänger kurz und nahm ihn der Frau ab. Ihre Augen verengten sich und sie schloss die rechte Hand um das Medaillon, als würde sie es zerdrücken wollen. “Orks… woher kommt das?” “Ei… ein menschlicher Heiler gab es ihr. Er sagte, es… würde die Symptome lindern, aber das tat es nur kurz.”, antwortete der Sohn. Nereen schnaufte. “Weil man es nicht dabei belassen kann. Man muss immer die Ursache bekämpfen. Gefährliches Halbwissen und ein gefährliches Medaillon von einem gefährlichen Volk. Schon bevor sie verdorben wurden, war der orkische Umgang mit den Elementen auf Zwang ausgelegt.“ Die Draenei sah die zwei Männer an. „Ich kann ihr helfen, aber wir müssen uns beeilen. Eure Scheune, hat sie ein Fundament?“ Der Wirt blinzelte verwirrt und schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht, wer könnte sowas denn bezahlen?“ „Gut, dann schließt die Wirtschaft für heute und bringt mich in die Scheune.“ Der Mann nickte und schickte seinen Sohn fort, die Gäste zu vertrösten. Nereen gab dem Mann ihren Stab und schob dann beide Hände unter die Frau und hob sie vorsichtig hoch. Sie war leicht, abgemagert. Sanft trug sie die Menschenfrau hinter dem Wirt her, der sie eilig zur Scheune führte. Der Boden war überall mit Heu bedeckt. Nereen übergab die Frau dem Wirt und nahm ihren Stab wieder entgegen. Sie prüfte den Boden der Scheune, langsam und sorgfältig. An einer Stelle blieb sie plötzlich stehen und schob das Heu zur Seite. „Hier, legt eure Frau hier hin.“ Der Mann tat wie ihm geheißen, gerade als sein Sohn die Scheune betrat. „Die Gäste sind alle gegangen, Vater.“ Der Ältere nickte und sah zu Nereen. Beiden Männern war ihre Sorge deutlich ins Gesicht geschrieben, aber auch Hoffnung war zu erkennen. Die Schamanin lächelte und dirigierte die Männer an bestimmte Punkte links und rechts von der Frau. Sie selbst positionierte sie am Kopf. „Seid voller Hoffnung, die Elemente werden uns helfen, ebenso wie das Licht.“ Damit rammte sie ihren Stab in den Lehmboden, ihre Hand leuchtete kurz bläulich auf und der Stab schien augenblicklich Wurzeln zu schlagen. Der Kristall in der Spitze begann zu pulsieren, immer schneller und heller, bis der Kopf des Stabes zu brennen begann. Die Männer bekamen große Augen und Furcht zeigte sich in ihren Minen. „Fürchtet euch nicht, die Elemente sind mit uns.“ Nereen Stimme war deutlich tiefer geworden und ein merkwürdiger Hall lag in ihr. Ihr Augen leuchteten nun fast Weiß und kleine goldene Blitze umzuckten ihre Augenwinkel. Sie murmelte einige Formel in ihrer eigenen Sprache und es begann langsam von der Decke auf den Stab zu tropfen. „Ihr Geist ist in Aufruhr, der Wind, der Botschafter, lässt ihre Gedanken nicht mehr los. Wir müssen ihn beruhigen.“ Die Wurzeln des Stabes breiteten sich rasend schnell über den Boden aus und bildeten ein dreieckiges Geflecht in dessen Mitte der Kopf der Frau lag, die Eckpunkte wurden von Nereen und den zwei Männern gebildet. „Der Wind hält sich selbst in ihrem Geist gefangen, helft mir ihn zu befreien.“ Aus dem Boden stieg langsam ein bräunlicher Nebel auf, aus dem Stab wand sich ein roter und ein blauer, alle drei krochen auf den Kopf der Frau zu. Nereen holte den orkischen Talisman hervor und lies ihr oberhalb des Kopfes der Frau auf den Boden fallen, welchen er aber nie erreichte. Kurz über der Erde begann der Anhänger zu schweben und sich langsam zu drehen. Nun umschloss Nereen ihren Stab mit beiden Händen, das Leuchten ihrer Augen wurde immer intensiver und die drei Nebel formten sich jeweils zu etwas, was wie ein Wurm aussah. Sie umkreisten einen Moment den Kopf der Frau und bewegten sich dann aufeinander zu. Genau über dem Kopf begannen sie, sich um sich selbst zu winden. Dann passierte alles auf einmal. Der Körper der Frau bäumte sich auf und sie begann spastisch zu zucken, Blitze verbanden Nereen und die zwei Männer, der Talisman explodierte förmlich und lies silbernen Staub auf die Frau rieseln. Das Tor der Scheune flog nach außen auf und für einen Moment schien ein gewaltiger Luftstrom die Scheune zu verlassen, welcher die Schamanin beinahe von ihren Hufen riss.
Dann war es ruhig. Das Geflecht unter der Frau war ebenso verschwunden, wie die die Flammen oder das Wasser. Von draußen drang nur das leise Plätschern des Regens herein. Die Draenei zog ihren Stab aus dem Boden, er war völlig unverändert, keine Spur von Feuer oder Wurzeln. Sie kniete sich zu der Frau, welche langsam die Augen öffnete. Als sie die Draenei sah, zuckte sie erschreckt zusammen und kroch von ihr weg, die Schamanin aber lächelte einfach sanft. „Ihr braucht keine Angst zu haben.“ Die Frau schob sich langsam weiter von Nereen weg, bis sie rückwärts gegen ihren Mann stieß, sie sah ihn an, er lächelte zurück und sie beruhigte sich augenblicklich. „Was ist passiert, warum bin ich in der Scheune?“ „Alles ist gut, meine Liebe. Schamanin Nereen hat dich geheilt. Sie kam von weit her um dir zu helfen.“, meinte er. Die Draenei hob eine Hand. „Ich habe ihren Geist beruhigt und die Elemente, heilen kann sie sich nur selbst.“ Die Draenei sah die Frau eindringlich an. „Das, was Euch in diese Lage brachte, wühlt noch immer euren Geist auf. Ihr leidet und auf Dauer könnt ihr diese Pein nicht unterdrücken. Teilt den Schmerz mit euren Lieben, was auch immer es ist. Nur so könnt Ihr euch selbst befreien.“ Die Frau nickte und sah zu ihrem Mann und dann zu ihrem Sohn. „Ich muss euch etwas erzählen, aber nicht mehr heute, ich bin müde.“ „Lasst uns nach drinnen ins Warme gehen.“, meinte die Draenei. Der Wirt hob vorsichtig seine Frau hoch. Sie gingen zurück ins Haupthaus und machten es sich auf einem großen Fell vor dem Kamin bequem.
Das Feuer prasselte und wärmte alle Vier. Die Menschen hatten tausend Fragen und Nereen erzählte ihre Geschichte und die ihres Volkes. Wie sie nach Azeroth gekommen waren, wie sie Schamanin wurde. Irgendwann schlief die Frau mit dem Kopf im Schoß ihres Mannes ein und auch der Sohn verabschiedete sich für diesen Tag.
„Wie kann ich Euch nur dafür danken, Schamanin? Verlangt was Ihr wollt, ich gebe es Euch.“, fragte der Wirt. Nereen lächelte und winkte ab. „Ihr müsst mir nichts geben. Aber wenn Ihr für die nächsten zwei Nächte ein warmes Plätzchen für mich hättet, an dem ich etwas ruhen kann, wäre ich Euch sehr dankbar.“ Der Wirt akzeptierte und gab der Draenei das beste Zimmer, das er noch frei hatte.
Am nächsten Tag ging es der Frau schon viel besser, sie erzählte, was sie beschäftigte, dass der Wirt ihr zweiter Mann war und dass ihre Kinder aus erster Ehe bei einem Angriff von Straßenräubern umgekommen waren. Man konnte sehen, dass ihre Beichte ihr einen riesigen Stein vom Herzen nahm. Sie blühte beinahe auf, auch wenn sie noch sehr schwach war. Ihre jetzige Familie nahm die Nachricht sehr gefasst auf. Sie liebten ihre Frau und Mutter und die Vergangenheit schien für sie keine große Rolle zu spielen.
Am Abend war die Gaststube wieder voll und die Draenei sozusagen der Mittelpunkt des Interesses. Ihr Volk war erst kurz auf dieser Welt und kaum jemand in diesem Land hatte schon einmal einen lebenden Draenei gesehen. Geduldig beantwortete sie alle Fragen, bevor sie sich spät in der Nacht zurückzog.
Früh am nächsten Morgen machte sie sich wieder auf den Weg. Der Regen war nun wirklich in Schnee übergegangen und die Welt von einer dünnen weißen Schicht bedeckt.
Nereen verabschiedete sich von der kleinen Wirtsfamilie. Zuletzt drückte sie die Frau vorsichtig und gab ihr etwas Kleines in die Hand. Die Frau sah sie fragend an. „Ein Kristall meines Volkes. Er symbolisiert das Licht. Vergesst niemals, dass das Licht immer bei Euch sein wird. Ehr es und es wird Euch schützen, ebenso wie die Elemente.“ Antwortete die Schamanin, ohne auf die Frage gewartet zu haben. Dann wandte sie sich ab und schlug ihre Kapuze über den Kopf. Ihre schlanke Gestalt verschwand unter dem braunen Wollmantel und sie machte sich auf. Wohin wusste sie nicht. Sie folgte einfach ihrem Gefühl. Irgendwo würde sicher jemand Hilfe benötigen.
((Für jene, die nicht wissen wie ein Draenei aussieht:
wow.gamepedia.com/Draenei
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